Dienstag, 7. Mai 2013

Die ganz neue Ordnung


DIE ERDE ÜBER DEM HIMMEL

"O neue und unerhörte Mischung! Wunderbare Zubereitung! Der Seiende ist im Werden; der Ungeschaffene wird geschaffen, der alle Bereichernde wird arm, der die Fülle ist, ist erschöpft, damit wir seiner Fülle teilhaftig werden!"(Gregor von Nazianz).
Dass der Mensch, der nur ein vergehender Hauch ist, nunmehr Gott wird, und dass dieser Gott-Mensch durch alle Stufen, alle Zustände des Menschen hindurchgeht, sie adelnd, heiligend, ja vergöttlichend! Und durch diese neue Einheit entsteht nicht nur ein neues Wesen, ein neuer Mensch, ein neuer Adam, sondern auch eine neue Weltordnung, ein neuer Zustand des Alls. Gott stellte bei der Schöpfung die Ordnung der Natur auf und gleichzeitig setzte er die Ordnung der Gnade auf Erden und die der Glorie im Himmel fest. Drei verschiedene, wunderbare Ordnungen, an denen er den Menschen Anteil geben wollte. Aber nun entsteht eine neue Ordnung in der Welt, ein neuer Zustand des Alls weit erhabener über den Stand der Glorie als der des Himmels über der Erde, als der Stand der Glorie erhaben ist über der Ordnung der Gnade, und diese über der Natur, und diese über dem Nichts. Und dies e Einheit göttlicher Subsistenz führt die Welt in eine so erhabene und mächtige und einmalige Einheit ein, dass sie alle Dinge in sich fasst und durch alle übrigen Ordnungen hindurch wirkt. Denn alles, was aus Gott durch Schöpfung hervorging und durch die Heiligung in ihn zurückkehrt, ist nunmehr auf diese letzte Ordnung hin ausgerichtet: auf das höchste Mysterium, die Inkarnation als Quell und Prinzip aller Dinge, als Punkt, bei dem alles endet, als Ziel, worauf alles sich beziehen muss, da es Gott selbst gefallen hat, hier Ursprung zu nehmen, sich hier einzuschließen, hier zu enden und sich daraufhin zu beziehen.
 So geht von dieser neuen Ordnung eine Änderung und ein neues Verhalten der göttlichen Vorsehung aus. Denn nicht mehr der Himmel herrscht jetzt über die Erde, sondern die Erde herrscht über den Himmel, und der erste Beweger ist nicht mehr in den Himmeln, sondern auf der Erde, seitdem Gott sich auf der Erde inkarniert hat. Der menschgewordene Gott ist fortan der erste Beweger, der erste Himmel, der die anderen bewegt; sogar Ordnung, Zustand und Lage der Hauptteile der Welt sind umgeworfen durch die von Gott in diesem Mysterium vorgenommene Umwefung seiner selbst. Jetzt ist der Himmel nicht mehr oberhalb der Erde, sondern eine Erde ist oberhalb aller Himmel, nämlich die Erde unserer Menschheit, die in Jesus Christus lebt. Sie subsistiert jetzt im ewigen Wort, ist ein neuer Himmel, unbewegt in sich selbst, aber alles bewegend, ein neues Zentrum des Alls, auf das alle geistige und körperliche Kreatur zustrebt, das alles in seine Einheit hinein versammelt, alles durch seine Kraft an sich zieht, ein Zentrum, das nicht in der Mitte der Welt, sondern höher als die Welt steht.
Und nicht mehr der Engel beherrscht die Menschen, sondern ein Mensch beherrscht alle Menschen und alle Engel. Sie alle, und selbst der oberste der Engel, nehmen ihre Weisungen auf Erden von diesem Menschen entgegen, einem Kind von drei Jahren, drei Monaten, drei Tagen. Ja, die Engel lernen sogar von Menschen, die diesem Gottmenschen anhängen und dienen, von armen Sündern, von törichten und unwissenden Menschen, nur weil diese ihm nachfolgen und seine Jünger sind; die Engel, sage ich, lernen demütig auf Erden von ihnen die Geheimnisse der göttlichen Allmacht, von der niedrigen, geheimnisvollen Ökonomie der Menschwerdung Dinge, die sie im Himmel und im Licht der Glorie in ihrem ganzen Umfang und in all ihren Wundern nicht kennen. Das hat den Apostel, da er vom gleichen Mysterium sprach, zu sagen veranlasst, dass ihm der Auftrag zufiele, die Herrlichkeit und den unfasslichen Reichtum Jesu Christi zu verkünden und das seit Äonen in Gott verborgene Mysterium kund zu tun, damit die vielfältige Weisheit Gottes den Mächten und Gewalten offenbar werde durch die Kirche (vgl. Eph 3, 3.9f)."

Pierre de Bérulle, Grandeurs de Jésus, 4,6-7

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