Montag, 8. Juli 2013

Das Mainzer Tryptichon III Die Rettung und die Verwindung des Fehls verkünden



„32. Da der christliche Glaube die Wahrheit der 
vollkommenen Liebe Gottes verkündet und den 
Menschen für die Macht dieser Liebe öffnet, erreicht er den eigentlichen Kern der Erfahrung 
jedes Menschen, der dank der Liebe das Licht 
erblickt und dazu berufen ist zu lieben, um im 
Licht zu bleiben.“ 

Lumen fidei, Franziskus

1. Der christliche Glaube verkündet also und besteht in der Verkündigung der „vollkommenen Liebe Gottes“ (Diese aber in ihrer institutionalisierten und d.h. real gestaltgewordenen Weise und Materialisation wird christlich auch die Basileia tou Theou, das Reich Gottes genannt..) 
Diese ist im Lebensereignis Jesu vollkonkret offenkundig und angesichtig geworden. Insofern ist Jesus die Einlösung des Heilsbundes und -versprechens des Alten Testamentes. Er ist seine Vollendung und seine eigenmächtige (von der göttlichen Eigenmacht und Souveränität her) Handlung und Wirkung. Der Gott handelt in Jesus nicht mehr nur als der treue, beistehende und mitgehende Gott. Er ist auch der, der diesen Gerechtigkeitsbeistand nun endgültig in einem Heilszustand und einer Heilsgabe gewährt und eigenmächtig einsetzt. In ihm vollendet er und offenbart er die mögliche Vollendung und Wiederherstellung des Lebens. 

Diese aber erweist sich darin, dass der gerechte, jener, der sein Leben für das Leben seiner Freunde und der Anderen ihm ferner stehenden weg- und hingibt, dass also derjenige, der sich läßt und der sich im Gutestun verläßt, die Rettung erfahren wird und erfährt, dass er also die Grenze durchbricht, jenseits welcher das Heil wieder möglich und d.h. ganz konkret und leibhaftig möglich und wirklich wird. Alles in der Tat hängt an der Auferstehung und dem Gesehenwerden des Auferstandenen. 

Alles also, in der Tat, hängt beim christlichen Glauben an der wahren und realen Wirklichkeit, dem Erweis der Auferstehung. Der christliche Glaube wurzelt in diesem Sinne nicht in einem vermutenden Für wahr Glauben eines ansonsten und für den „Normalverstand“ Absurden und geradezu „Unmöglichen“ oder Übernatürlichen (denn an sich ist die Imagination eines heilen Lebens, wenn es auch nicht konkret vorgestellt werden braucht und auch als Mental- und Möglichkeitsvorstellung alleine ausreicht, um schon nicht mehr unmöglich zu sein. Der Mensch hat die Vorstellung eines heilen und ganzen Lebens, wenn er auch noch blind ist und es nicht sieht, so ist diese Mental“vorstellung“ schon die Gewähr, dass es aus der Blindheit und jenseits der Blindheit und Gebrochenheit so etwas wie eine reale Welt und eine, die den Bruch verwunden hat, gibt.)
Die Apostel haben ja den Auferstandenen gerade gesehen und nicht „geglaubt“! Sie waren ja gerade diejenigen, die NICHT geglaubt haben und trotzdem haben sie ihn gesehen, haben sie die Erfahrung seines Mit-ihnen-Seins gemacht und ihn damit als den Lebendigen und Auferstanden-Wiederhergestellten, durch den Tod Gegangenen erfahren und gesehen. Deswegen muß jeder Spiritualisierung und Psychologisierung und Metaphorisierung, wenn die Auferstehung auch diese Komponenten enthält (Wie sonst wäre sie alles?), als der letzten Basis der Auferstehung und des Auferstandenen der Riegel vorgeschoben werden. Der Auferstandene ist real auferstanden! Seine Realität mißt sich am Maßstab der „physikalischen“ Realität, dessen was wir als „naive Realisten“ für real halten würden. Nur so, dass es diese um ein Unendliches übersteigt. Nämlich genau um das Maß ihrer Vollendung. 

Die Wirklichkeit der Auferstehung kann keine andere als eine übernatürlich (d.h. gerade nicht spiritistische!!) übermächtige aufgefasst werden. Sie übersteigt ja gerade unsere Wirklichkeitserfahrung, um das Maß ihrer Vollendung und d.h. Todesüberwindlichkeit und Hinfälligkeitsüberwindung. Sie ist gerade das Erfüllte im Vergleich und im Gegensatz zu dem Hinfälligen, das wir als das Normale erfahren und ansehen. 
Sonst hat die Glaubenswirklichkeit und die Glaubenswahrheit und dann die Verkündigung keine Kraft. Sie bleibt reine Appellation, Anwähnung, Vorstellung und Imagination, absurde Beglaubigung, welche nicht letztlich überzeugen und standhalten und auch bewegen können. 
Die Auferstehung muß eine Realität sein und wir machen im Christlichen den Fehler, so will es mir scheinen, dass wir als die Quelle unseres Glaubens die post-himmelfahrtliche Gegenwart des Auferstandenen soz. als die Auferstehungsgegenwart ansehen - was sie auch ist -. Aber diese ist immer eine „verschleierte“ und entzogene eben jener, welche die wahre und die authentische Erfahrung und Widerfahrnis ist, die alles überhaupt Sehbare übersteigt und überschreitet, die sich wie die Energieentfaltung in jener Kernspaltung zu dem verhält, was dann als Licht aus der Steckdose herauskommt, wenn dieser Vergleich nicht gerade der grundverkehrteste wäre, da bei der Kernspaltung ja gerade das Gegenteil eines Erleuchtungsaufbaus und einer Leuchtungspräsenz, nämlich die Zerstörung der Zusammensetzung und damit das Negative per geschieht.

Jene vollkommene Liebe Gottes wird von den Jüngern, und nur das kann für uns ein Weg zum Zutritt und Beitritt zu jenem Auferstehungsraum sein, als die „Belohnung“ und klassisch wird hier von der Krönung gesprochen, des reinen Opfers, der reinen Hingabe und des reinen Scheiterns und Umbringens Jesu erfahren. Der Gott „belohnt“ (krönt) gerade diesen, der alles seine hingegeben hat (sein Leben für die Anderen) und der der absolute Verlierer ist (eine Schande, ein Nichts), indem er ihn gerade in diesem und durch diesen Vollzug schon in jene Erhöhung krönt und einsetzt, in der er schon der Überwindende und der Überwinder, der Sieger ist. Johannes hat diese Gleichzeitigkeit zu fassen versucht und er legt und repräsentiert Jesus aus dieser Gleichzeitigkeit der Fleischwerdung des Logos und Paulus meditiert dieses Kreuzes-Paradoxon, welches soz. Christus „konstituiert“. 

Wo und wie können wir das erfahren, was hier deduktiv soz. rekonstruiert und abgeleitet ist?
Und wir können es nicht! Weil es eben nicht ableitbar und konstruierbar ist. Es ist ja gerade das ganz Andere und das Werden und das Sich Anmelden des Auferstanden selbst, welcher als der Auferweckte und als der Auferstandene hineintritt und den ihn als Toten Erwartenden entgegenkommt.

An dieser Stelle kommen wir nicht mehr weiter.

2. Wir haben aber etwas anderes, das wir in unserer Reflexion und Realspekulation nicht als Faktizität vernachlässigen und verdrängen dürfen. Wir haben ja die Erfahrung und die Gegebenheit von welchen, die ja gerade das tun, was wir hier ableitungstechnisch nicht tun können und auch nicht tun dürfen. Sie verkünden ja und d.h. sie reden ja - wie gut oder schlecht das ist eine andere Frage, aber sie tun es und diese Evidenz dürfen wir, wenn wir kritisch vorgehen wollen nicht übergehen! - von jenseits dieser aporetischen Hinleitung und d.h. aus dem Raum der Auferstehung selbst her. Sie gehen also von der Auferstehung als dem Gegebenen und als dem Grund und dem Wovonher und der Legitimation ihres Redens. 

Sie sind dann damit auch die Verkünder jener vollkommenen Liebe Gottes. Und was wir an dieser Stelle sagen können und wollen und müssen. Wir können nicht umhin als uns kritisch und d.h. ernstnehmend und das Phänomen respektierend mit ihnen in Verbindung zu bringen und in das Gespräch zu setzen. Sie sind eine direkte Herausforderung an die Faktizität und die Empirizität unserer Vorgehensmethode. 

Wie redet ihr und wie könnt ihr von dem Auferstandenen und der Auferstehung reden?
Woher erwächst ihnen und allgemein jene Kraft und Tatsächlichkeit ihrer Rede und woher kommt die Kraft der Auferstehung?

3. Die Frage ist aber auch, ob wir die Macht und die Kraft, ob wir den Willen haben, unsere Vorstellung von der faktizistischen Materialität und der höchstens konstruktivistisch technischen, aber nie als solche zur Verwirklichung und Verkörperung kommenden Mentalität unseres Lebens und der faktizistischen Eingegossenheit in diese einerseits rigide Materialität und Physizität und andererseits berührungslose Mentalität, ob wir diese Mitte- und d.h. dann auch herzlose Gekreuzigtheit unserer Existenz oder Existenzselbstvergegenwärtigung und -vernahme, ob wir diese wesentliche Widersprüchlichkeit unserer Elementarität zu überschreiten willig und bereit sind, ob wir es wollen oder uns vorzustellen wagen, dass wir unsere Lebendigkeit auf eine Materialisation und Inkorporalisation unserer Selbst und d.h. auf eine durchgeistigte und durchseelte Verkörperung hin überschreiten oder unterschreiten, ja in sie einschreiten und uns eine solche, wenn sie auch noch so in unserem gegenwärtigen Zustand der Zersprengtheit schmerzhaft und unaushaltbar sein mag, ob wir uns eine solche Selbstkonfrontation und -eingeständigung zugestehen mögen, ob wir eine solche Selbstvergegenwärtigung wagen können und ob wir den Mut und die Kraft des Entschlusses, der Redlichkeit und des Wagnisses, ja der lebens- und selbstbewußtseinsmäßigen Pflicht zu ihr haben. Sie,  und das ist das Einzige das hierbei gewiss ist, ist die einzige Bedingung, wie wir überhaupt jenes Tor, jene Schwelle überhaupt zur Vernehmung einer Existenzaufständigkeit und -aufgängigkeit überschreiten könnten. Denn es könnte ja auch sein, dass wir die „Auferstehung“ nie erfahren würden und könnten, weil wir soz. für diese anästhetisiert, weil wir für eine solche Entwicklung und Selbsterfahrung, für ein solches wahrhaftes Zusichkommen betäubt sind und kaltgestellt, fixiert und andererseits traum- und phantasieentbunden sind, so dass uns ihre Erfahrung und die Begegnung Auferstandener, wenn sie auch noch so inständig wäre, schlicht unmöglich wäre, wie es einem komatösen Patienten z.B. - und deswegen wir er ja auch als komatös bezeichnet! - unmöglich ist auf lebendige Weise auf die Begegnung der allumständigen Lebendigen zu reagieren. 
Dies müssen wir ehrlichkeitshalber nur erkenntnistheoretisch und grundempirisch bedenken, wenn wir uns weiter zur Eruierung der Auferstehungserfahrung vorwagen oder in sie einzutreten streben.
So ehrlich müssen wir einfach zu uns sein, dass wir schlicht als die Erkenntnissuchenden erkenntnisdisqualifiziert sein könnten. Ja wir müssen dieses Option streng genommen methodisch in unsere Forschung und in unser Fortschreiten einflechten.
Es könnte ja - wie in dem Text Die Grunderfahrung der Liebeseröffnung und Lebensverwandlung
  erschlossen wurde - schlicht sein, dass wir liebeswahrnehmungsmäßig neurologisch sozusagen gestört und aufgrund eines Unfalls und einer Betäubung und/oder Selbstbetäubung verhindert sind, dass unsere „Freiheitskonstitution“ - und nichts anderes will die Lehre der Kirche von der Gefallenheit der Natur dar- und realistisch feststellen - gerade durch eine Ablehnung und Verhinderung jener Liebeseingeständigung und einer Überlassung an sie konstituiert, ja gerade definiert ist (Was aber in ihrer Zwangsunbedingtheit gegen ihre Freiheitlichkeit spricht und was damit das halbe Gegenteil der Freiheit ist. Es handelt sich um einen Eigenwillen, der erst wenn er diese seine Grundbedingtheit offen eingeständigen würde, sich als freier und freiheitlicher, wenn dann aber immer noch in einem totalen Selbst-Widerspruch befangener offenbaren würde). 

4. Dennoch, so kommt es mir vor, können wir „übergangslos“ jene Auferstehungs-erfahrungs-schwelle nach diesem Durchgang wagen. Gerade durch jene Hinleitung, die keine Ableitung sein kann, durch jene Erfahrung und das Vernehmen der Faktizität der Verkündigungszeugen und durch die Feststellung dieser „Freiheitsselbstverhinderung“ und damit den schwebenden Erweis ihrer Freiheitsdefektibilität können wir uns entscheiden, uns dem reinen Sinngehalt und der reinen Faktizität der Rede von der Verkündigung der Erfahrung der vollkommenen Liebe zu stellen, oder uns in sie oder in ihr aussetzen, ohne etwas annehmen zu müssen oder ohne uns gegen etwas instinktiv stellen zu müssen. 

Warum können wir nicht dem reinen Sinngehalt und d.h diesem reinen Text als solchen begegnen und uns ihm begegnen?

„Da der christliche Glaube die Wahrheit der 
vollkommenen Liebe Gottes verkündet und den 
Menschen für die Macht dieser Liebe öffnet, erreicht er den eigentlichen Kern der Erfahrung 
jedes Menschen, der dank der Liebe das Licht 
erblickt und dazu berufen ist zu lieben, um im 
Licht zu bleiben.“ 

In der Tat stellen wir uns dann grundsätzlich der „Option“ oder dann schon der „Fürwahrhaltung“, der „Erfahrungsstrahlung“ der absoluten und vollkommenen Liebe. Wir können uns immer noch gegen sie entscheiden. Aber warum sollten wir? Warum sollten wir und warum sollte sich irgendjemand gegen eine solche wirkliche Zusage und Aussage der vollkommenen Liebe auch Gottes als des vollkommen Liebenden und Zusagenden und Bergenden und trotzdem Freilassenden stellen? Warum soll jemand gegen eine solche Option und Konstellation sein? Ich denke auch, dass das niemand sein wird und wenn ja, würde er es selbst an erster Stelle eigentlich nicht wollen müssen! Das ist eine Evidenz in sich. Es gibt nichts, was gegen eine solche Konstellation der vollkommenen Liebe auch Gottes sprechen würde. Es gibt nichts dagegen und alles spricht dafür und ist darin aufgehoben.

Und damit haben wir, das würden auch die Apostel so bestätigen, den Raum des Auferstandenen betreten. Jenes Auferstandenen, der durch die Wände und verschlossenen Türen geht und gehen kann und der trotzdem viel realer ist als das, was an ihm mit ihnen seiend isst und trinkt und leibhaftig umgeht. 
Wir haben den Raum der Vollkommenheit betreten und/oder sind in seine Gnade geraten.


Und da ist es zwar nicht nur an uns, aber auch an uns, sich in jene Bewegung hineingezogen zu haben, in welcher wir - als wir - daran tun und beteiligt sein können, dass diese Auferstehungserfahrung eine zunehmend konkretere und offensichtlichere und faktizistischere oder freiere, traditionellere oder neukreationale, befriedigende, erfüllende und freilassende wird, bis sie in jener großen Fülle vollendet wird, in der wir ganz schauen und ganz anfassen und mit sein werden. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen