"Herr, du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du wurdest geschlachtet und hast mit deinem Blut Menschen für Gott erworben aus allen Stämmen und Sprachen, aus allen Nationen und Völkern, und du hast sie zu Königen und Priestern gemacht für unseren Gott; und sie werden auf der Erde herrschen." Offb 5, 9
Der folgende Text versucht kurz einem besonderen Aspekt der Heilsgeschichte und der Heilshandlung nachzugehen, ein besonderes repetitiv-perseveratives Moment auf die Tatsache des Selbsteinsatzes, der Selbstopferung Gottes zu legen, durch die das Heil der Welt eröffnet ist.
Das Heilshandeln Gottes ist vielfältig und unbeschreiblich wunderbar. Einer der Wege und Handlungstypoi ist der Weg der Eröffnung des Heils. Dieser ist die Opferung, die Selbstdarbringung Gottes für das Heil der Welt. Der Gott wird buchstäblich getötet. ER wird zerstört und läßt sich zerstören, eliminieren, am weitesten auseinanderreißen, kreuzigen. Er läßt sich so verendigen. Seine Existenz wird genüßlich und in der Weise auseinandergezerrt, bis sie verendet, bis der Gott - auch der Gott - seinen Geist abgeben muß, bis er stirbt.
Der Gott wird zerstört, der Gott wird zerfetzt, der Gott wird zermalen und zerstückelt. Das Fleisch Gottes - sein Wesen - wird zu Brei, zu Hackfleisch verarbeitet. Er wird vernichtet, eliminiert, ausgelöscht, "Nur bloß weg mit ihm! Er, seine Existenz, seine Möglichkeit und Wirklichkeit sollen verschwinden! Es soll nicht sichtbar sein und es soll nicht ein Zeichen geben, daß es ihn gibt und daß es ihn gegeben hat. Es soll nur uns geben! Nur uns, uns, uns!!! ALLES ANDERE SOLL VERSCHWINDEN!!!!!!"
Der Gott läßt sich töten. Der Gott läßt sich für die Erlösung der Welt durchstreichen, eliminieren, aus dem Buch der Tatsachen des Lebens streichen, löschen, ausradieren. Das scheint (für die Menschen oder die gefallene Welt und Natur) der einzige Weg zu sein, erlöst zu werden, eröffnet zu werden in eine größere Möglichkeit ihrer selbst, welche die volle und eigentliche und heile Möglichkeit ihrer selbst ist, in welcher nichts anderes mehr ist als die Größe (eben jenes getöteten) Gottes und ihre eigene Größe, die Göttlichkeit und Erleuchtetheit, welche von jener Göttlichkeit und Erleuchtetheit lebt, welcher der Gott ist und welche sich freiwillig für die anderen, für die ganze Welt dahingibt.
Dieses Platzräumen, dieses Zurücktreten, Nachgeben scheint für einen bestimmten Bereich die einzige Möglichkeit und Weisheit zu sein, die feindschaftliche Verfahrenheit aufzulösen, eine feindschaftliche Verfahrenheit, welche aber immer einseitig bleibt, denn der Gott haßt nicht und er erstrebt nicht die Vernichtung jenes Teils, das er geschaffen und hervorgebracht hat. Der Gott ersehnt das Heil, auch jener und dieser Feindschaft und dieses Haßes und dieser Besessenheit. So gibt der Gott, indem er zurücktritt, den Vortritt einräumt, indem er sich aufhebt, dieser Feindschaft und Besessenheit die siegreiche und weise Teilnahme und Aufnahme seiner selbst, denn auch als nichtiges ist der Gott der Mächtige und der Herrschende von Allem, gerade in diesem zeigt er das Vermögen seiner Macht: die Nichtigkeit Gottes im Blut seiner Tötung ist die Waschung der Sünden der Welt im Blut des Gottes und in der Reinigung des verdorbenen Blutes, welches durch den Empfang dieser Nichtigkeit zum kathartischen Blut wird, zum Blut, das die Möglichkeit der Selbst-reinigung erhält, indem es das Pharmakon der Unendlichkeit, der Nichtigkeit des Gottes in sich enthält.
Der Gott ist jener, der sich hingibt.
Das ist das Auszeichen und das Kennzeichen Gottes: In Liebe sich und sein Leben hingebend, vor die Füße legend seinen Freunden, auch jenen die ihn abstoßen und hassen, damit sie seine vollsten Freunde und Nächsten werden, die Verbrecher zu den nächsten Freunden werden.
Der Gott ist jener, der sich hingibt. Den einen als Schlachtopfer, den anderen als das Brot des Lebens, den anderen als das Mittel des Heils und der Heilung. In allen aber ist der Gott immer jener, der stets größer ist, weil er sich dahingibt, für alle, weil er sich ganz dahingibt und dahingegeben hat, weil er deshalb immer schon der je größere, der je vorgängigere, vorrangigere, der je heilsamere und allumfassend-glorreichere ist, weil der Gott GOTT ist,
deswegen ist dieser Einsatz Gottes, dieses Selbstopfer, dieser Selbstverzicht Gottes der Weg und das Mittel und das Wirken des Heils,
welches in und gerade in dem Fehl Gottes wirkt und jenes ist, welches unserer Leben zu jenem Leben in Gott erneut macht.
Herr, unbeschreiblich ist deine Güte,
kein Wort reicht an deine Liebe heran,
welche du uns erweist und erwiesen hast,
bis wir jenes Heil deiner Erlösung
und jenes Sein in dir spüren
und wissen, wer du bist!
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