Montag, 4. August 2014

In Dir bleiben. Dein Leib sein.

Eine Meditation

„Esst von meinem Leib.“ 
                Evangelium nach Johannes

Du bist der Weinstock. 
Wie bleiben wir, Herr in dir? Wie strömt Dein Blut in uns und mir? In dir Bleiben heißt wahrhaftig in Deinem Leib bleiben, den du uns schenkst, indem du gehst und damit es möglich ist, dass wir in dir bleiben. Du gehst nicht und hinterlässt uns als Waisen. Du schickst uns den Geist des Beistands und den Geist der Auferstehung, der uns zeigt, dass wir und wie wir in dir sind und sein können, wie wir dich essen können und mir dir sein können, in dir, in deinem Leib, in jenem Leib, welcher die Allmacht und die Milde, die Güte und die allbeseligende Weisheit ist, jene Weisheit, die das Ganze Sein, Geschick, die ganze Natur wandelt, denn was hilft es uns, wenn wir mächtig werden, aber trotzdem in die Grube fahren und unsichtbar werden, wenn wir des dunklen Loches und des Todes sind, dem wir uns anheimgegeben haben. „Ich bin nicht! Ich werde/will nicht sein!“ Was ist das für ein Glaube? Was ist das für eine Entscheidung? Was ist das für eine Beschränkung und Selbstbeschränkung, eine Enthauptung und Beschneidung? Welches absolute und unbedingte und dann auch noch so dämliche Opfer ist das? Ich schließe die Augen im Walde (oder auf offener Plane) und sage: „Es gibt mich nicht. Alles ist dunkel. Es gibt nichts.“ Oh, altes, verrunzeltes, armes Kind! 
Ist das ein Esoterismus, ein Symbolismus (der letztlich metaphorischen Insignifikanz), dass wir in deinen Leib mahlfeiernd geraten können, Fleisch essen, Kanibalenfeiern Gottes feiern, eine soziale Utopie oder einfach das Tor der einzigen und kollektiven Selbst- und Weltbefriedigung, der Erlösung? Und des freilassenden Aktionismus. Denn durch wen soll und wird die Welt anders in jenes erneute Paradies hineinverwandelt und das Denken so unendlich vertieft und effizienzialisiert, als durch diesen Akt, diesen Vollzug, den du uns übergeben, geschenkt hast und der das Wertvollste ist, das die Welt besitzt?

Das entscheidende und vollkommene Maß der Vereinigung und Einheit und damit des Zusammenseins ist aber das Leibliche Insein für leibliche Wesen wie wir welche sind. Und zwar nach der Maßgabe der Natur, wie Du, der Schöpfer uns sie zur Erfüllung gegeben hast. Dieses Maß geht nicht auf, wenn es ein „rein materielles“ ist. Es erfüllt sich nur als ein solches, das geistig und d.h. vom Geist durchtränkt und lebendig also und abständig ist und sein kann, sich einsenkend. 

Wir können die Grenze des Todes nicht mehr. Vielfach erleiden wir und haben wir hier Brüche erlitten und so liegt uns dieses Bindemittel als Unmöglichkeit, Ratlosigkeit und Schrecken vor, wie ein Bündel aufgesprengter und versenkter Kabeln ist an dieser Stelle unsere disfunktionierte Existenz. Wir sind in diesem Sinne im Tode tot und unsere Vergänglichkeit ist auf Dauer geschaltet wie jene der eben durchgebrannten Geräte. Unsere Hoffnung, unser Vernehmen und unsere Aussichten sind Vermeintlichkeiten dessen, was uns ursprünglich und eigentlich zusteht und zustand und aufgegeben wurde. Wir sind lächerliche Schatten unserer selbst, die sich aufbäumen und aufspielen, um nicht von der Verzweiflung gänzlich verschlungen zu werden, gänzlich und augenblicklich zu erstarren, erfrieren, nicht sein..

Wer anderes versucht uns in dieser unserer Situation zu reanimieren als du? Wer anderes kämpft um unser Leben? Wer anderes reißt von seinem Fleisch, um es uns zu geben, damit wir leben?

Ohne mich könnt ihr nichts sein..Ich bin der Weinstock..Bleibt in meiner Liebe..

Die Sache ist 1. ob jemand sich so geben kann, dass er durch seine Gabe nicht nur etwas von sich (produziertes) gibt, sondern auch Anteil an sich selber, sich selber gibt, um so wahrhaft selbst werden zu machen, anzugleichen, zu identifizieren .. Man ist, was man isst..und 2. ob dieses ein solches ist, das solche Nahrung gibt, die die Ewigkeit und Unversehrtheit verschickt, das also ein Unendliches und Ewiges und der Unendliche und Ewige ist, der sich selbst teilhaftig gibt, nicht (nur) etwas sagt, sondern sich sagt und gibt und mitteilt, dass er sich gibt und somit in der Annahme seiner selbst, uns zu ihm selbst macht

Du bist die Freude, weil du das Angesicht und die Erscheinung jenes fröhlichen und d.h. vollendeten Lebens bist, also jenes Leben, das nicht vom Tod gefangen gehalten und in dieser höchsten Kränklichkeit verhindert und verstickt fast schon eigentlich nicht mehr ist oder eigentlich gar nicht, so dass es jegliche Krankheit noch überhebt
und beschließt, die Krone und der innere Name der Krankheiten seiend, sondern weil du auch noch dieses, deine Krankheit, die nicht mal deine eigene war, wagen kannst und konntest, um so noch der Stärkere des Starken und der Schwächere der Schwäche zu sein und so erzeigend, dass du frei bist von jenem Grund an den sich wir noch klammern auch wenn er unser Ende ist, so dass wir jene Grabesgläubigen und d.h. Grabesfestklammerer sind, so groß auch alle anderen Gespinstereien scheinen, die verblassen und vergehen, wen der Tag zu Ende ist und als einziges jenes bleibt, die Finsternis und Leere des Raumes, in welchem wir in jener unserer leeren GEspenstigkeit, Verlassenheit und Traurigkeit sind, die wir nicht begreifen und verstehen und die wir doch um nichts in der Welt weggeben und loslassen wollten, wenn einer sie uns wegzunehmen versuchte, weil wir im Nichts noch den Anschein des Alls haben
in dieser unsere überperversen Verdrehung.

Du also bist nicht die personalisierte Freude, also eine Allegorie, ein Symbol der Freude, die wir jetzt nun also in eine menschliche Gestalt fassen, wie wir die Pythia fassen oder die Helene oder die Gorgo und Aphrodite und Athene, 
denn dein Sterben hält die Sterblichkeit noch 
und es selbst, du, stirbst und gehst in ihr
und läßt dich, das Leben, sterben.

Du bist also jenes Leben, das das ganze und d.h. heile und d.h. nicht gebrochene Leben ist, du bist der Urheber des Lebens, der uns erlöst, indem er jenes auf sich nimmt, was gänzlich nicht sein Leben ist, den Schwund, das Unleben, den Tod. Du trittst für uns uns wegen uns zurück und auf diesem Töten läßt du uns werden und auferstehen,
bis hin zu jenem Augenblick, wo wir erkennen, dass wir selbst werden können erst und voll, wenn wir auch noch diese Rückwendung wagen und diese Vor-Sicht und dich erkennen und anerkennen müssen, diesen gekreuzigten und sterbenden Gott, dessen Haupt sinkt, und der übermäßig wieder wird, um jene unsere Vollendetheit und Selbstgegebenheit zu haben, jene Taufe, die wir selbst vollziehen wollen, um zusammen mit dir und aus dir zu sein, jener Leib zu sein, der noch geopfert stirbt und sterbend wird und die Unendlichkeit der Herrlichkeit wird, die wir in deinem Wunderamt schauen, das jener öffentliche Grundakt ist, jene Liturgeia, aus der alles ist,

denn wunderbar hast du uns geschaffen und zur noch größerer Wunderbarkeit eingesetzt und erlöst. Noch größer und herrlicher willst du uns machen, noch inständiger und aus uns seiend, indem wir aus deine Fülle und Unendlichkeit (der Wiederwerdung, aus deiner Auferstehung) sind. 

Du bist also jenes volle Leben, das durch den Tod zu gehen vermag
und das jenes starke Leben damit ist, das alles trägt 
und heilt.

Dies sind die Zeichen.

Bringe uns in dich, lasse uns in dir verteilt und aufgehoben sein. Gewähre uns den fleischlichen Geist deiner Ein- und Ansicht. Gewähre uns die und deine Auferstehung. 



23. Mai 2014, morgen

(aus Gaben der Frühe - Marheinekehalle Kreuzberg)