Mittwoch, 30. Dezember 2015

Horizontales, essbares Entgegenkommen des Ewigen

"Die spezifisch katholische Auffassung von der Offenbarrung und somit von der ganzen Heilsökonomie liegt ja gerade darin, dass mir die Gnade selbst in historischer Sichtbarkeit auf der horizontalen Ebene unserer Menschengeschichte (und, darin aufgenommen, des Kosmos oder der leiblichen Welt) und nicht bloß wie in einem vertikalen Regenfall oder Tau vom Himmel entgegentritt. Das Himmlische – die Gnade – tritt uns aus der Welt, aus der Menschengeschichte mit ihrer weltlichen "Umwelt" entgegen. Die persönliche, gnadenvolle Beziehung zu Gott ist zugleich eine Beziehung mit der Mitmenschlichkeit und somit eine Ausrichtung auf die weltliche Welt. In einem kosmischen Stück Brot werde ich von Christus in der Eucharistie begnadet. Aber der begnadende Akt der Selbstgabe eben im konsektrierten Brot und durch das konsekrierte Brot hat ein schöpferisches Moment, in erster Linie nicht im Hinblick auf mich selbst, sondern in erster Linie in der Gabe dieses Brotes als sakramentaler Selbstgabe Christi – aufgrund dessen ist dieses Brot in seiner höchsten Realität schlechthin kein Brot mehr - und dann durch mein gläubiges Kommunizieren auch in mir selbst. Die leiblicher Tätigkeit des Essens ist deshalb (selbstverständlich für den Gläubigen) eine Heilstätigkeit. Die kosmische Wirklichkeit steht nicht außerhalb dieses Gnadenprozesses oder wird in diesen nicht nur durch ein außerhalb bleibendes Wort Gottes einbezogen; das Brot selbst ist die hier dargereichte Gnade: d.h. Christus selbst in sakramentaler Essbarkeit als Opferspeise, als Nahrung für den ganzen Menschen. Die weltliche Welt selbst wird innerlich in diese Selbstschenkung Christi einbezogen und nimmt dadurch – und hier liegt meines Erachtens die tiefste Bedeutung des tridentinischen Dogmas von der Transsubstantiation (deren Bedeutung für mich hier und jetzt wir erst im folgenden Kapitel analysieren werden) – schon teil an der eschatologischen Situation der verherrlichten Leiblichkeit, die entitativ vergöttlicht sein wird. Aber wir befinden uns noch in dem zusammen bestehenden "schon jetzt" und doch "noch nicht", das die Heilszeit zwischen der Auferstehung und der Parusie kennzeichnet. Deshalb gehören das konsekrierte Brot und in ihrer neuen Bedeutung als "neue Schöpfung" der Heilsordnung, doch auch noch "dieser alten Welt" an. Aus diesem Grunde umfasst die Transsubstantiation zwei Dimensionen: zwar Seinsverwandlung des Brotes und des Weines (in denen ja durch den Heiligen Geist der verherrlichte, lebendigmachende Leib Christi real dargeboten wird), aber innerhalb der irdischen, aber jetzt (durch die Seinsverwandlung) sakramentalen Gestalt von Brot und Wein, die in dieser weltlichen Welt den irdischen Gesetzen des Leiblichen (d.h.hier: dieses pflanzenartigen Kulturprodukts, das wir im täglichen Leben als Brot essen und als Wein trinken) unterworfen bleiben. Zwei Dimensionen ein und derselben ungeteilten Realität. Das ist eben der Kern des Dogmas."

E. Schillebeeckx, Die eucharistische Gegenwart, 54f

Samstag, 31. Oktober 2015

Reformation der Reformation der Welt

"Die Schlussfolgerung ist sehr einfach. Dieses Gebilde Abendland muss, da es wesentlich christlich ist, entweder christlich genährt, also wieder christlich werden – oder es wird zugrunde gehen. Kein Organismus kann leben, wenn seine Wurzeln nicht seiner Art gemäß genährt werden. Umwandlungen geschichtlicher Struktur haben noch immer ihre Grenze an den Wesenskomponenten der historischen Gebilde gefunden. Wo das innere Gesetz eines historischen Wesens angetastet wurde,folgte der Untergang. Rodin hat es so ausgedrückt: "Der Glaube hat uns Barbaren zivilisiert, durch unseren Unglauben sind wir wieder Barbaren geworden." Durch den Unglauben wird das innerste Formgesetz der abendländischen Menschheit zerstört."
Joseph Lortz, Wie kam es zur Reformation, 1950

Freitag, 21. August 2015

Ad cardinalem Müller

"Diese Hinweise könnten entwickelt und vertieft werden. Gute Dinge lassen sich schwer handhaben, und nichts ist schwieriger zu handhaben als die Moral, besonders seitdem sie in so vielen Köpfen kantisch geworden ist, die es selber nicht einmal merken, und seitdem sie sich von der Natur getrennt hat (die sie den Regeln der Vernunft zu unterwerfen hat und die gleichwohl, insoweit sie auf das ewige Gesetz zurückgeht, selber den Maßstab für die Vernunft abgibt). Sie kann großes Unglück herbeiführen, wenn sie, anstatt von innen her auf die lebendige Bewegung einzuwirken, mit der die Ziele des menschlichen Lebens verfolgt werden, dies von außen her versucht, das heißt schließlich dadurch, dass sie dann einer amoralischen Lebensbewegung lebensferne moralische Regeln aufzwingt. Sie kann großes Unglück im Leben der Völker herbeiführen, wenn sie, anstatt von innen her auf die Politik einzuwirken, dies von außen her versucht, das heißt schließlich dadurch, dass sie dann einer Politik unpolitische moralische Regeln aufzwingt."

Jacques Maritain, Der integrale Humanismus, Der Gebrauch der Moral, 174

Sonntag, 16. August 2015

one world - Eine Welt

"Die Auslandsverschuldung der armen Länder ist zu einem Kontrollinstrument geworden, das Gleiche gilt aber nicht für die ökologische Schuld. Auf verschiedene Weise versorgen die weniger entwickelten Völker, wo sich die bedeutendsten Reserven der Biosphäre befinden, weiter die Entwicklung der reichsten Länder, auf Kosten ihrer eigenen Gegenwart und Zukunft. Der Erdboden der Armen im Süden ist fruchtbar und wenig umweltgeschädigt, doch in den Besitz dieser Güter und Ressourcen zu gelangen, um ihre Lebensbedürfnisse zu befriedigen, ist ihnen verwehrt durch ein strukturell perverses System von kommerziellen Beziehungen und Eigentumsverhältnissen. Es ist notwendig, dass die entwickelten Länder zur Lösung dieser Schuld beitragen, indem sie den Konsum nicht erneuerbarer Energie in bedeutendem Maß einschränken und Hilfsmittel in die am meisten bedürftigen Länder bringen, um politische Konzepte und Programme für eine nachhaltige Entwicklung zu unterstützen. Die ärmsten Regionen und Länder besitzen weniger Möglichkeiten, neue Modelle zur Reduzierung der Umweltbelastung anzuwenden, denn sie haben nicht die Qualifikation, um die notwendigen Verfahren zu entwickeln, und können die Kosten nicht abdecken. Darum muss man deutlich im Bewusstsein behalten, dass es im Klimawandel diversifizierte Verantwortlichkeiten gibt, und sich – wie die Bischöfe der Vereinigten Staaten sagten – entsprechend "besonders auf die Bedürfnisse der Armen, der Schwachen und der Verletzten konzentrieren, in einer Debatte, die oftmals von den mächtigeren Interessen beherrscht ist". Wir müssen uns stärker bewusst machen, dass wir eine einzige Menschheitsfamilie sind. Es gibt keine politischen oder sozialen Grenzen und Barrieren, die uns erlauben, uns zu isolieren, und aus eben diesem Grund auch keinen Raum für die Globalisierung der Gleichgültigkeit."

Papst Fanziskus, Laudato si, Über die Sorge für das gemeinsame Haus, 52

Freitag, 14. August 2015

Ad synodam tremendum magnum

"Wir möchten immer beruhigt sein und fürchten jedes Befremden. Darum bauen uns eine kleinliche Religion nach unserem kleinlichen Format. Die Paradoxe des Evangeliums sind uns ein zu starker Wein; wir verstopfen die Ohren vor dem großen befreienden Anruf. Entmutigt bleiben wir vor den Todespforten stehen, die der einzige Zugang zum Leben sind. In unserer Verzagtheit überlassen wir das Neue und Freie des Christlichen denen, die es verdrehen, und selbst das wird uns zum Vorwand, uns noch mehr zu entfremden. Wie Parasiten darin eingebohrt, aber ohne seinen Saft in uns überströmen zu lassen, fälschen wir das Christentum in den Augen derer, für die wir es repräsentieren. Indem wir es in den Dienst des weltlichsten Menschen stellen, berauben wir es seiner höchsten Bezauberungsmacht und sind schuld an seiner Verhöhnung. 
Das ist die Kirchengeschichte aller Jahrhunderte. Das ist, o Gott, wir geben uns zu, unsere Alltagsgeschichte. Wie kommt es, dass trotz allem, o Wunder, ein paar Strahlen Lichts durchsickern?"

Henri de Lubac, Glaubensparadoxe

Freitag, 24. Juli 2015

In der Situation handeln

"Eine Pastoral, die den Wegcharakter der sittlichen Reifung anerkennt, muss versuchen, den Sinngehalt von Normen zu vermitteln und so die Menschen zu befähigen, sich die Werte, die durch Normen geschützt werden, durch persönliche SinnEinsichten anzueignen. Erst dann werden auch kirchliche Normen nicht mehr als lebensfremd oder als unerreichbares Ideal erfahren werden. So sehr das Anliegen des Lehramtes berechtigt ist, die objektive Dimension des sittlich Guten und Richtigen zu schützen, kann eine objektive Norm dann doch nicht die Gewissensentscheidung des Einzelnen ersetzen. Diese Lehre zieht sich übrigens wie ein roter Faden durch die gesamte moraltheologische Tradition. Seit Thomas von Aquin ist die Unterscheidung zwischen dem Urgewissen (synderesis) und dem Situationsgewissen (syneidesis, consciencia) gängig. Das Urgewissen ist ein unfehlbares Bewusstsein und Wissen darum, dass das Gute zu tun und das Böse zu meiden ist, während das Situationsgewissen in einer konkreten Handlungs- und Entscheidungssituation die aktuelle Verwirklichung dessen zu leisten hat, was als sittlich gut und richtig erkannt worden ist. In diesem Prozess der konkreten Verwirklichung dessen, was man als gut erkannt hat oder wenigstens erkannt zu haben glaubt, so Thomas von Aquin, ist das Situationsgewissen anfällig für Fehler. Dennoch ist man auch dem irrigen Gewissen verpflichtet, wenn der Irrtum nicht erkannt wird und Gewissenszweifel behoben sind. Deshalb bleibt das Subjekt verpflichtet, nach dem sittlich Richtigen zu suchen, es zu erkennen und ihm gemäß zu urteilen. Bleibt dies aus beziehungsweise bemüht sich jemand zu wenig um die sittliche Einsicht, kann er dadurch schuldig werden, auch wenn der angehalten bleibt, dem konkreten Gewissensurteil zu folgen. Für den Einzelnen bleibt das Gewissen die letzte Instanz, in der er ein sittliches Urteil fällt, auch wenn die oberste Instanz die objektive Wahrheit ist. An ihr misst sich, ob sich jemand in seinem Gewissensurteil irrt oder nicht. Als letzte Instanz jedoch verpflichtet das Gewissen immer, so dass man immer gut handelt, wenn man dem eigenen Gewissensspruch folgt: "Es ist nie Schuld, der gewonnenen Überzeugung zu folgen – man muss es sogar." (J. Ratzinger, Werte in Zeiten des Umbruchs, 120) In diesem Sinne betont auch Johannes Paul II., dass nicht eine Norm, sondern das Gewissen das letzte konkrete Urteil darstellt. Zudem ist zu bedenken, dass – besonders im Verständnis des Gehorsams im Glauben – zwischen Glaubens- und Sittenlehre ein Unterschied zu machen ist und dass es bester theologischer Tradition entspricht, dass ein Christ nach reiflicher Prüfung und einem religiös bestimmten Eingehen auf Lehraussagen im Bereich der Sittenlehre zu einem von kirchlichem Lehramt abweichenden Urteil kommen kann und diesem auch folgen darf. Auf diesem Hintergrund ist es problematisch, in solchen Fällen von vornherein einen Akt des Ungehorsams oder ein irriges – und zudem noch überwindlich irriges – Gewissensurteil anzunehmen."

Den Eros entgiften, Martin M. Lindner, 82f.

Montag, 1. Juni 2015

Magic

"Größe erfordert Überfluss und Armut zugleich. Nichts Großes geschieht ohne einen gewissen Überfluss, alles Große geschieht durch eine gewisse Armut. Kann man überhaupt etwas vom menschlichen Leben verstehen, wenn man nicht damit beginnt zu verstehen, dass die Armut immer in Größe überfliesst? Das tragische Gesetz – nicht der menschlichen Natur, sondern der Sünde des Menschen – bewirkt, dass die Armut der einen den Überfluss der anderen schafft: Armut mit Not und Sklaverei, Überfluss mit Lust und Stolz. Dieses Gesetz der Sünde darf man nicht hinnehmen:  Man muss es bekämpfen. Es entspricht der Natur, und wir müssen es in der Gesellschaftsordnung von den neuen Formen in der Zivilisation fordern: dass die Armut eines jeden (nicht Mangel oder Not! sondern Genügsamkeit und Freiheit, Verzicht auf den Geist des Reichtums, Frohsinn der Lilie auf den Feldern), dass eine gewisse private Armut den gemeinsamen Überfluss schafft, die Überfülle, den Luxus, den Ruhm für alle."

Jacques Maritain, Christlicher Humanismus, 150

Mittwoch, 20. Mai 2015

Geburt des Neuen und die Wehen:Transformation

"Muss noch darauf hingewiesen werden, dass diese Betrachtungen über das Wesen und die Natur eines neuen gedachten Christentums, das wir als in der Vernunft gegründet und unter diesem Gesichtspunkt als logisch notwendig ansehen, gleichzeitig die Schwierigkeiten zeigen an denen sich eine derartige Auffassung bei ihrer Verwirklichung im Dasein stößt, solange die Christen es nicht nur mit einer religiös und philosophisch gespaltenen Zivilisation zu tun haben, sondern einerseits mit gewaltsam gegen das Christentum gerichteten historischen Kräften, andererseits – in der christlichen Welt selbst – mit eindeutigen Vorurteilen von sehr schwerem historischen Gewicht und schließlich mit irrationalen Massenströmungen, die blind von den Widersprüchen einer Zivilisation beherrscht werden, die den Menschen nicht mehr gemäß ist."

Jacques Maritain, Christlicher Humanismus, 138

Sphinx der Geschichte; Fortschritt

"Es ist, nebenbei bemerkt, recht eigenartig, dass ein im Fortgang der Geschichte erreichter Fortschritt, wie die staatliche Toleranz, zunächst für die Kräfte des Irrtums als Maske oder Vorwand gedient hat, die vom Christentum übernommenen Wahrheiten gegen dieses selbst zu kehren, - während dann das Christentum sich um die Aufrechterhaltung dieses Fortschritts bemüht, den man im Kampf gegen es selber gewonnen zu haben behauptete, in dessen die Kräfte des Irrtums plötzlich ihre Marschrichtung ändern und sich um die Zerstörung dieses selben Fortschritts bemühen, dessen sie sich zuerst gerühmt hatten."

Jacques Maritain,  Christlicher Humanismus, 136

Dienstag, 12. Mai 2015

Zu späte Einsicht?

"Zu spät beginnt er (der Rationalismus) einzusehen, das einzig ein der Vernunft überlegener Glaube, der die Tätigkeit des Geistes und des Gemütes belebt, eine Einheit unter den Menschen sicherstellen kann, die nicht auf dem Zwang, sondern auf der inneren Zustimmung begründet ist, und dass allein dieser Glaube die gewiss natürliche Daseinsfreude, die aber von der Natur allein nicht am Leben erhalten werden kann  (die heidnische Weisheit hielt es für das Beste, nicht geboren zu sein), in eine verständige Begeisterung verwandelt.
Es ist sehr bezeichnend, dass einzig das Christentum gegenwärtig in mehreren für die abendländische Zivilisation lebenswichtigen Punkten als befähigt erscheint, die Freiheit der Person und – insofern es auf die zeitliche Ordnung einzuwirken vermag – die positiven Freiheiten zu verteidigen, die auf der sozialen und politischen Ebene jener geistigen Freiheit entsprechen.
So finden wir wieder die augenscheinlich in sich am meisten folgerichtigen historischen Positionen vor und dazu noch die uralten christlichen Glaubenskämpfe gegen den Despotismus der Mächte des Fleisches."

Jacques Maritain, Der christliche Humanismus, 1950,126

Donnerstag, 30. April 2015

An den Rändern der Demokratie

"Vielleicht liegt die Chance dieses Papstes nun gerade darin, dass er sich – im Unterschied zu (demokratisch gewählten) Politikern – nicht um die Öffentlichkeit kümmern muss und auch nicht um sie kümmert. Denn er muss nicht wiedergewählt werden. Das ist aus demokratischer Sicht eine ketzerische und nicht ungefährliche Überlegung. Sie lässt sich nur halten, wenn man den Unterschied zwischen einer gestifteten Kirche – die immer zugleich Civitas Terrena und Civitas Dei ist, und auf die Hilfe des Heiligen Geistes hoffen darf – und einem demokratischen Gemeinwesen im Blick behält, das sich mit der Innerweltlichkeit bescheiden muss. Die nicht-demokratische Seite der Katholischen Kirche lässt sich allerdings nur mit dem Glauben an die Göttlichkeit des Stifters und an seine gnädige Begleitung der Kirche rechtfertigen, sonst wären verderbliche Folgen ihrer hierarchischen und vielfach intransparenten Struktur nicht zu vermeiden. Deren Gefahr besteht jedenfalls immer fort.
Was wir jedoch zur Zeit erleben, ist, dass auch Demokratien in einer ständigen Gefahr der verderblichen Verirrung leben, nicht zuletzt weil sie in Zeiten der ökonomischen Globalisierung zunehmend unter die Herrschaft unregulierter Märkte geraten, die die Würde des Menschen – unverzichtbare normative Grundlage demokratischer Politik – unterminieren. Denn sie polarisieren in Arm und Reich und provozieren immer wieder zerstörerische Krisen. Davor hat Papst Franziskus gleich zu Beginn seines Pontifikats gewarnt. Hier Abhilfe zu schaffen, tangiert massive Machtinteressen.
Unter dem Aspekt der demokratischen Gleichheit hat Alexis de Tocqueville darüber hinaus schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts in seinem berühmten Buch „Über die Demokratie in Amerika“ vor einer Gefährdung der Demokratie durch die „Tyrannei der Mehrheit“ gewarnt, die in der demokratischen Gleichheit angelegt sei. Diese unumkehrbare demokratische Gleichheit verführt nämlich zu der falschen Idee, dass die Wahrheit immer bei der Mehrheit liegt. Dem muss man institutionell durch Minderheitenschutz und kulturell durch öffentlich mahnende, nonkonformistische Autoritäten vorbeugen.
Immer wieder warnt Tocqueville auch in seinem Buch „Der alte Staat und die Revolution“ vor der knechtischen Gesinnung, die zu einem verantwortungslosen Gebrauch der Freiheit verführt, weil sie sich im eigenen Interesse falschen Autoritäten unterwirft. Nur wenn man sich gleichzeitig der Autorität der demokratischen, auf die Würde des Menschen ausgerichteten Werteordnung unterordnet, kann Freiheit gedeihen. Angesichts der menschlichen Gebrechlichkeit und der Versuchung der Macht braucht gerade eine Demokratie deshalb Menschen, die als Autoritäten einen verantwortlichen unabhängigen Gebrauch der Freiheit vorleben und so zu ihrem Erhalt beitragen. Bürger dürfen sich nicht opportunistisch zugunsten ihrer Partikularinteressen den jeweils aktuellen Mehrheiten in der öffentlichen Meinung unterwerfen.
Dass in der Gegenwart viele Menschen – beschränkt auf die innerweltliche Perspektive – gerade in der Politik nach Autoritäten suchen, ist ebenso offensichtlich wie gefährlich. Die Gefahr liegt darin, hinter die Aufklärung zurückzufallen und als politisch verantwortliche Bürger weder den Mut noch die Kraft aufzubringen, „sich seines eigenen Verstandes zu bedienen“. Lieber möchte man sich einer Autorität anschließen, sich freiwillig der „Tyrannei der Mehrheit“ unterwerfen und sich den Mühen der eigenen Urteilsbildung entziehen, auch der Unannehmlichkeit, gelegentlich sogar öffentlich gegen den Strom zu schwimmen.
Demokratische Politik aber soll eine solche verführerische Autorität nicht ausüben, sondern ihrerseits von unabhängigen Autoritäten aus der Gesellschaft heraus kontrolliert und womöglich mitgestaltet werden.
Tocqueville dachte dabei nicht nur an einzelne Persönlichkeiten, sondern auch an „Assoziationen“. Er beobachtete sie in der „Demokratie in Amerika“ als Gegengewicht gegen die Individualisierung, die die Menschen voneinander isoliert und so schwächt.Hannah Arendt sah später die Atomisierung in der Massengesellschaft als einen Ursprung totalitärer Herrschaft. Gemeinwohlorientierte Nichtregierungsorganisationen sind vielleicht zeitgemäße Exemplare solcher Tocqueville’scher Assoziationen. Sie haben den Vorteil, nicht gewählt werden zu müssen, und können deshalb im vorstaatlichen Raum für unabhängige Ideen mobilisieren.
Gegen die Versuchung, sich unmündig persönlichen Autoritäten zu unterwerfen, könnten auch Persönlichkeiten als „antiautoritäre Autoritäten“ helfen, die die menschliche Gebrechlichkeit für sich selbst akzeptieren, gerade keine Unfehlbarkeit beanspruchen; die nicht Gefolgschaft einfordern, sondern zur Eigenständigkeit einladen. Die zur Ebenbürtigkeit – zur gemeinsamen Gotteskindschaft – in Solidarität ermutigen und Freude aus der Quelle der Frohen Botschaft springen lassen. Der Gedanke, dass Papst Franziskus in der Katholischen Kirche global als eine solche „antiautoritäre“, nicht berechenbare und nicht berechnende Autorität aufritt und handelt, erscheint mir sehr reizvoll.
Mit seiner Spontaneität konterkariert er den Anspruch der Unfehlbarkeit und gerade das macht ihn zu einer Autorität, auf die man hört, ohne ihr unreflektiert folgen zu sollen. Papst Franziskus muss sich dann nicht dauernd um sein mediales Echo kümmern, sondern kann seinem Glauben, dem Evangelium und der darin verheißenen Freude folgen und öffentliche Anstöße geben. In diesem Sinne beginnt denn auch sein erstes Sendschreiben über die Freude des Evangeliums („Evangelii Gaudium“): „Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz und das gesamte Leben derer, die Jesus begegnen. Diejenigen, die sich von ihm retten lassen, sind befreit von der Sünde, von der Traurigkeit, von der inneren Leere und von der Vereinsamung. Mit Jesus Christus kommt immer – und immer wieder die Freude.“
Ein politischer Papst, der als ausdrücklich Fehlbarer seine Autorität ausübt und die Menschen freudig zu ihrer eigenen Gotteskindschaft ermutigt – wäre das nicht ein zukunftsträchtiges Rollenverständnis für die Katholische Kirche?"
Gesine Schwan, Die nichtberechenbare Autorität, Herder Korrespondenzen Spezial 1/2015

Montag, 27. April 2015

(Streitfragen)

"In jenen Tagen erfuhren die Apostel und die Brüder in Judäa, dass auch die Heiden das Wort Gottes angenommen hatten. Als nun Petrus nach Jerusalem hinaufkam, hielten ihm die gläubig gewordenen Juden vor: Du hast das Haus von Unbeschnittenen betreten und hast mit ihnen gegessen.
Da begann Petrus, ihnen der Reihe nach zu berichten: Ich war in der Stadt Joppe und betete; da hatte ich in einer Verzückung eine Vision: Eine Schale, die aussah wie ein großes Leinentuch, das an den vier Ecken gehalten wurde, senkte sich aus dem Himmel bis zu mir herab. Als ich genauer hinschaute, sah ich darin die Vierfüßler der Erde, die wilden Tiere, die Kriechtiere und die Vögel des Himmels.
Ich hörte auch eine Stimme, die zu mir sagte: Steh auf, Petrus, schlachte und iss! Ich antwortete: Niemals, Herr! Noch nie ist etwas Unheiliges oder Unreines in meinen Mund gekommen. Doch zum zweiten Mal kam eine Stimme vom Himmel; sie sagte: Was Gott für rein erklärt hat, nenne du nicht unrein! Das geschah dreimal, dann wurde alles wieder in den Himmel hinaufgezogen. Da standen auf einmal drei Männer vor dem Haus, in dem ich wohnte; sie waren aus Cäsarea zu mir geschickt worden. Der Geist aber sagte mir, ich solle ohne Bedenken mit ihnen gehen. Auch diese sechs Brüder zogen mit mir und wir kamen in das Haus jenes Mannes. Er erzählte uns, wie er in seinem Haus den Engel stehen sah, der zu ihm sagte: Schick jemand nach Joppe und lass Simon, der Petrus genannt wird, holen. Er wird dir Worte sagen, durch die du mit deinem ganzen Haus gerettet werden wirst.
Während ich redete, kam der Heilige Geist auf sie herab, wie am Anfang auf uns. Da erinnerte ich mich an das Wort des Herrn: Johannes hat mit Wasser getauft, ihr aber werdet mit dem Heiligen Geist getauft werden. Wenn nun Gott ihnen, nachdem sie zum Glauben an Jesus Christus, den Herrn, gekommen sind, die gleiche Gabe verliehen hat wie uns: wer bin ich, dass ich Gott hindern könnte?
Als sie das hörten, beruhigten sie sich, priesen Gott und sagten: Gott hat also auch den Heiden die Umkehr zum Leben geschenkt."
Apostelgeschichte 11,1–18

"Das Problem ist nicht eine solche Neigung zu haben. Nein! Wir sind Brüder. Weil, das ist eine, aber wenn es eine andere gibt, dann ist's eine andere..Wenn eine Person schwul ist und sich Gott anvertraut und nach Gottes Wille lebt, warum sollte ich sie dann verurteilen?"

Papst Franziskus, Fliegende Pressekonferenz 29.7.2013, https://www.youtube.com/watch?v=fxPtz5ab5-Q

Freitag, 17. April 2015

Die unbedingte Notwendigkeit der AUFERSTEHUNG

"Aber auch die Seligkeit der vom Leibe getrennten Seele kann nicht das Endziel der Menschen sein. Wie nämlich unsere Betrachtung zeigte, kann man nicht von einem Leben oder Endziel nur eines der beiden Teile, die das Menschenwesen konstituieren, reden, sondern nur von einem Leben und Endziel des Ganzen. Ein solches Ganze aber ist jeder Mensch, der dieses Leben erlost hat, und sein Leben muß ein eigenes Endziel haben. Wenn es aber nur ein Endziel des Ganzen gibt, dieses Endziel aber aus den schon wiederholt angeführten Gründen weder in diesem Leben, solange die Menschen noch auf Erden sind, gefunden werden kann noch auch dann, wann die Seele vom Leibe getrennt ist, weil nach der Auflösung oder auch vollständigen Zerstreuung des Leibes trotz des Fortbestandes der Seele der Mensch nicht so vorhanden ist, wie er nun einmal nach der Beschaffenheit seines Wesens sein muß, so ist es absolut notwendig, daß sich das Endziel der Menschen in einer neuen Zusammenstellung des wiederum aus beiden Teilen bestehenden Wesens zeige. Da dies ein zwingender Schluß ist, so muß unter allen Umständen eine Auferstehung der entseelten oder auch ganz aufgelösten Leiber stattfinden und es müssen die nämlichen Menschen wieder in der Doppelnatur ihres Wesens auftreten. Denn das Naturgesetz bestimmt das Endziel nicht blindlings und auch nicht als Endziel irgendwelcher beliebigen Menschen, sondern als Endziel gerade jener, die früher einmal schon gelebt haben; nun aber können die nämlichen Menschen nicht wieder erscheinen, wenn nicht die nämlichen Leiber den nämlichen Seelen zurückgegeben werden. Daß aber die nämliche Seele wieder den nämlichen Leib erhält, ist auf anderem Wege nicht möglich; das kann nur durch die Auferstehung geschehen. Erst wenn diese eingetreten ist, kann das der menschlichen Natur entsprechende Endziel erfolgen. Das Endziel eines verständigen Lebens und logischen Unterscheidens wird man aber, ohne fehl zu gehen, darin erblicken dürfen, daß der Mensch unzertrennlich und ewig mit dem zusammenlebt, wozu ihm der natürliche Verstand hauptsächlich und zunächst verliehen ist, und daß er in der Anschauung des Gebers und seiner Ratschlüsse unaufhörliche Wonne empfindet. Freilich werden die meisten Menschen dieses hohe Ziel nicht erreichen, weil sie sich mit allzu großer Leidenschaft und Heftigkeit an die Dinge dieser Welt anschließen. Aber die große Zahl derer, die von ihrem Ziele abirren, kann die gemeinsame Bestimmung nicht umstoßen. Indes findet hierüber ein besonderes Gericht statt und erhält jeder einzelne für sein Gutes oder Böses, das er im Leben vollbracht hat, in angemessener Weise Lohn oder Strafe."

Athenagoras, Über die Auferstehung der Toten, 25

Montag, 6. April 2015

AUFERSTEHUNG: Zu sich kommen und gebracht werden. Zu und in ihn kommen

"Wollen wir die Sache so betrachten! Jeder Unglaube, der nicht leichtfertig und unüberlegt gehegt wird, sondern auf einen triftigen Grund und auf feste Überzeugung hin bei diesem oder jenem sich einnistet, hat Berechtigung, wenn die in Frage kommende Sache selbst unglaublich erscheint. Aber an Dinge nicht zu glauben, die nicht unglaublich sind, verrät Mangel an gesundem Wahrheitssinn. Daher sollten diejenigen, die sich in der Auferstehungsfrage des Unglaubens oder Zweifels nicht entschlagen können, nicht nach ihrer unüberlegten subjektiven Meinung oder nach dem Vorurteil der Zügellosen darüber entscheiden, sondern sie sollten entweder die Entstehung der Menschen von keiner Ursache abhängig machen (das aber läßt sich sehr leicht widerlegen) oder aber, indem sie in Gott den Urgrund alles Seienden suchen, die Grundlage dieser Lehre betrachten und mittels derselben den Beweis liefern, daß die Auferstehung durchaus nicht glaubwürdig ist. Dies wird ihnen aber erst dann gelingen, wenn sie nachweisen können, daß es weder in Gottes Macht noch in Gottes Willen liege, die entseelten oder auch schon ganz verwesten Leiber wieder zu einigen und zur Zusammensetzung der nämlichen Menschen zu verbinden. Können sie dies aber nicht, weg dann mit diesem gottlosen Unglauben, weg mit den frivolen Lästerungen! Mögen sie nämlich behaupten, die Auferstehung sei mit Gottes Macht oder sie sei mit Gottes Willen unvereinbar, sie treffen nicht das Richtige. Die nachfolgende Abhandlung wird dies deutlich zeigen. 
Unvermögen ist in Wahrheit offenbar dann vorhanden, wenn einer gar nicht weiß, was werden soll, oder wenn er es zwar weiß, aber nicht auszuführen vermag. Wer nämlich von dem, was werden soll, nichts weiß, wird, was er nicht weiß, überhaupt nicht anfangen und vollenden können; und wer zwar ganz gut weiß, was gemacht werden soll, und auch die Mittel und Wege hiezu kennt, aber die Macht, das Erkannte auszuführen, überhaupt nicht hat oder nicht in ausreichendem Maße hat, wird es, wofern er klug ist und seine Macht überlegt, von Anfang an nicht versuchen; hat er es aber unüberlegter Weise begonnen, wird er das Beschlossene nicht vollenden können.
Nun aber ist es ganz ausgeschlossen, daß Gott die Natur der zur Auferstehung bestimmten Leiber nicht kennt nach all ihren Teilen und Teilchen, daß er nicht weiß, wohin ein jedes Teilchen der sich auflösender Körper gerät und welcher Teil der Materie das Aufgelöste und zu dem ihm Verwandten Hinzugetretene aufgenommen hat, wenn auch menschlichen Augen das mit dem All in naturgemäßem Anschluß wiedervereinigte völlig ununterscheidbar vorkommt. Er, der schon vor der eigenartigen Zusammensetzung eines jeden Organismus die Natur der zu schaffenden Grundstoffe kannte, aus denen die Menschenleiber bestehen, und der auch wußte, aus welchen Teilen derselben er das zur Zusammensetzung des menschlichen Leibes Nötige nehmen sollte, weiß selbstverständlich auch nach der Auflösung des Ganzen, wo ein jedes der von ihm zum Aufbau der einzelnen Leiber verwendeten Atome hingekommen ist. Nach der jetzt für uns geltenden Ordnung der Dinge und nach der Beobachtung, die wir sonst machen, ist das Vorherwissen des Nochnichtseienden mehr; aber für Gottes Würde und Weisheit ist beides naturgemäß und ist das Vorherwissen des Nochnichtseienden nicht schwieriger als die Kenntnis des Aufgelösten."

Athenagoras (2. Jhd.) - Über die Auferstehung der Toten (De Resurrectione)


FROHE OSTERN!

Samstag, 4. April 2015

Intermezzo:Die Grabesstille stören

(Also normal mache ich das nicht, aber heute..sei auch seiner Seele
die Befriedung in Seinem Tod und an Seinem im Grab liegenden Leib gewünscht
und eine Wandlung seiner aufgeregten Tollheit
auch in und zum Segen und der Fruchtbarkeit neuer Welt....



Der tolle Mensch
Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittag eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: "Ich suche Gott! Ich suche Gott!"
Da dort gerade viele von denen zusammenstanden, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein großes Gelächter.
Ist er denn verlorengegangen? sagte der eine. Hat er sich verlaufen wie ein Kind? sagte der andere.
Oder hält er sich versteckt? Fürchtet er sich vor uns? Ist er zu Schiff gegangen? ausgewandert? - so schrien und lachten sie durcheinander.
Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken.
"Wohin ist Gott?" rief er, "ich will es euch sagen!
Wir haben ihn getötet - ihr und ich! 
Wir sind seine Mörder! Aber wie haben wir das gemacht? 
Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? 
Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen?
Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun?
Wohin bewegen wir uns?
Fort von allen Sonnen?
Stürzen wir nicht fortwährend? 
Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten?
Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht durch ein unendliches Nichts? 
Haucht uns nicht der leere Raum an?
Ist es nicht kälter geworden?
Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht?
Müssen nicht Laternen am Vormittag angezündet werden?
Hören wir noch nichts von dem Lärm der Totengräber, welche Gott begraben?
Riechen wir noch nichts von der göttlichen Verwesung? - auch Götter verwesen!
Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet!
Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder?
Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besaß, es ist unter unsern Messern verblutet - wer wischt dies Blut von uns ab? 
Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen? 
Welche Sühnefeiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen?
Ist nicht die Größe dieser Tat zu groß für uns?
Müssen wir nicht selber zu Göttern werden, um nur ihrer würdig zu erscheinen? 
Es gab nie eine größere Tat - und wer nun immer nach uns geboren wird, gehört um dieser Tat willen in eine höhere Geschichte, als alle Geschichte bisher war!"
Hier schwieg der tolle Mensch und sah wieder seine Zuhörer an: auch sie schwiegen und blickten befremdet auf ihn. Endlich warf er seine Laterne auf den Boden, dass sie in Stücke sprang und erlosch. "Ich komme zu früh", sagte er dann, "ich bin noch nicht an der Zeit.
Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert - es ist noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrungen. Blitz und Donner brauchen Zeit, das Licht der Gestirne braucht Zeit, Taten brauchen Zeit, auch nachdem sie getan sind, um gesehen und gehört zu werden. Diese Tat ist ihnen immer noch ferner als die fernsten Gestirne - und doch haben sie dieselbe getan!" - Man erzählt noch, dass der tolle Mensch desselbigen Tages in verschiedenen Kirchen eingedrungen sei und darin sein Requiem aeternam deo angestimmt habe. Hinausgeführt und zur Rede gesetzt, habe er immer nur dies entgegnet: "Was sind denn diese Kirchen noch, wenn sie nicht die Gräber und die Grabmäler Gottes sind?"

F. Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft)

Mittwoch, 1. April 2015

Erinnern, Zeugen: Kara

                              Alfred Delp SJ, 1907 - 2. 2. 1945, Gefängnis Berlin-Plötzensee*
                                                                              

"Noch einmal stellen sich Blut und Not und Untergang dem betrachtenden Geist. Die Geschichte kennt viele Untergänge. Sie kennt sehr oft den Untergang des Guten und Echten unter der Übermacht und Gewalt des Bösen. Der Mensch spricht dann ebenso oft und gern vom sühnenden Opfer, vom fruchtbaren Tod des Samenkorns, vom neuen Sieg, der aus dem Leid erblühen wird. Das ist manchmal richtig und manchmal falsch. Wer in der Geschichte untergeht, nur weil er einer aufsteigenden Entwicklung, auch einer zwar sachlich richtigen, aber ethisch falsch geführten Entwicklung im Wege steht, der stirbt keinen geschichtlich fruchtbaren Tod. Über das innerste Geheimnis des persönlichen Sterbens wissen nur zwei Bescheid: Gott und der verlöschende Mensch. Geschichtlich wirksam als sühnendes Opfer und als fruchtbarer Weckruf neuer geschichtlicher Wirklichkeit ist nur der Untergang mit wehender Fahne; der Untergang im Kampf um die rechte Ordnung und Gestalt der Geschichte. Auch die verlassenste Qual und das einsame Versinken im öden Winkel, in den die Gewalt einen Menschen verschleppen mag, hat diese Zeugniskraft, die immer auch eine Zeugungskraft ist, wenn dies alles bewusst übernommen wird als Einsatz und Treue für das göttliche Antlitz, das in der Geschichte sich darstellen will.
Geschichte ist innerhalb ihrer Ordnung und ihrer Möglichkeiten auf das Zeugnis und die Entscheidung der Menschen gestellt. Sie ist vom Menschen her ein agonales Geschehen, und wer um die Geschichte nicht gekämpft hat, darf sich nicht wundern, wenn er sie verlor und wenn sie ihn vergaß."

aus Das Rätsel der Geschichte, 1941

*hingerichtet wegen Teilnahme am Widerstand gegen das Staatsregime. Im Kreisauer Kreis spiritus rector des Entwurfes einer neuen wohlfahrtlichen und gerechten Staatsordnung für die Zeit nach dem Untergang. Diese macht bis heute einen Großteil der Matrix der bundesrepublikanischen Sozial- und Gesellschaftsordnung aus.

**  Santo subito!

Mittwoch, 25. März 2015

Komm!






Kehrvers: Roráte caéli désuper,
et núbes plúant jústum.
Kv: Tauet Himmel, von oben,
ihr Wolken, regnet den Gerechten.
Ne irascáris Dómine,
ne ultra memíneris iniquitátis:
'ecce cívitas Sáncti fácta est desérta:
Síon desérta fácta est:
Jerúsalem desoláta est:
dómus sanctificatiónis túæ et glóriæ túæ,
ubi laudavérunt te pátres nóstri. - Kv
Zürne nicht länger, Herr,
nicht länger gedenke unserer Missetaten.
Siehe, die Heilige Stadt ist zur Wüste geworden,
Zion ist zur Wüste geworden.
Jerusalem ist verödet,
das Haus deiner Heiligung und deiner Herrlichkeit,
wo dich gepriesen haben unsere Väter. - Kv
Peccávimus, et fácti súmus tamquam immúndi nos,
et cecídimus quasi fólium univérsi:
et iniquitátes nóstræ quasi véntus abstulérunt nos:
abscondísti faciem túam a nóbis,
et allisísti nos in mánu iniquitátis nóstræ. - Kv
Wir haben gesündigt und sind unrein geworden
und sind gefallen wie ein Blatt,
und unsere Missetaten haben uns wie der Wind fortgetragen.
du hast dein Antlitz verborgen vor uns
und uns zerschmettert durch die Wucht unserer Schuld. - Kv
Víde Dómine afflictiónem pópuli túi,
et mítte quem missúrus es:
emítte Agnum dominatórem térræ,
de Pétra desérti ad móntem fíliæ Síon:
ut áuferat ípse júgum captivitátis nóstræ. - Kv
Sieh an, Herr, die Betrübnis deines Volkes,
und sende, den du senden willst.
Sende aus das Lamm, den Beherrscher der Erde,
vom Felsen der Wüste zum Berg der Tochter Zion,
dass es hinwegnehme das Joch unserer Knechtschaft. - Kv
Consolámini, consolámini, pópule méus:
cito véniet sálus túa:
quare mæróre consúmeris,
quia innovávit te dólor?
Salvábo te, nóli timére,
égo enim sum Dóminus Déus túus,
Sánctus Israël, Redémptor túus. - Kv
Tröstet, tröstet, mein Volk!
Bald wird kommen dein Heil.
Warum verzehrst du dich in Trauer,
weil sich erneuert hat dein Schmerz?
Ich werde dich retten, fürchte dich nicht.
Denn ich bin der Herr, dein Gott,
der Heilige Israels, dein Erlöser. - Kv
http://de.wikipedia.org/wiki/Rorate

Sonntag, 22. März 2015

Fleisch

"Es ist also für die Gläubigen/die praktizierend Gläubigen, die also die in das Mysterium dieses Mysteriums eingehen, die sich um es bemühen, an ihm bleiben, sich in es einüben und an es ein- und aufwachsen, für sie geht in der Welt und als Welt und als DIE Welt jene völlig geistige und vollkommen konkrete, materiale und materielle Welt "des Sakramentes" auf, des reallebendigen und -anwesenden und -waltenden Mysteriums und seiner alleröffnenden, aeonischen Verfassung und Einfügung. Jene wirkliche Dreidimensionalisierung, personale Dreidimensionalisierung der Welt (die Welt der Toten, die Welt der Gegenwärtigen Handlungen und Bezüge und die Welt der Überwelt). Und so leben sie in dieser Welt (und in jener Welt, der Überwelt, aber auch in der Totenwelt) und sind eben jene mysteriöse Welt, welche in dem Punkt und aus dem Punkt die Alleröffnung und Allgegenwart und das Tor, die Schleuse, die Schleuse und das Tor der Verfügung und Entlassung und Entbindung sind, der material-physikalischen Waltung und der personalen Verfügung, des epistemischen Herausstandes und der adeligen Aufrichtung einer milden Waltung und Bergung und Hütung, jenes Episkopat, das das Mahl mitfeiert und die Menschen in die Gabe des Allheilmittels und Allnahrungsmittels setzt und ihnen das ewige Leben zufügt. Ihren Schafen und Herden das ewige Leben zufügt und annäht und sie aus und in ihm werden und stehen läßt, jene Gaben des Gebers, jenes Wundermahl, die Speisung der Tausende, die verteilten Brote und Fische und der Wein, der plötzlich die Augen gibt und rubinengleich und kristallklar ersehen läßt Dich, den Thron und die Schwirren der Flügel, vielfältigst und die ordo und die Cherubim und dann das Überfließen von Barmherzigkeit, daraus, die Überströmenden Ozeane, Meere der Lieben und Gnaden jenes Gottes, der bergend und liebreizend zu uns und an uns kommt, uns wogt und an die Brust schmiegt, ohne uns auch nur ein Knöchelchen unseres Neugeborenengerüsts zu schädigen, uns sich uns gibt und in uns eingeht, damit wir werden und sind wie er und seine Allheilmittel und Gnaden sind, mit den Strahlenkränzen begnadet und umhängt sind, um Zeichen zu erwirken und zu heilen, um zu verbinden und zusammenzufügen, um Hochzeiten zu feiern, Vermählungen, um das Reich aufgehen zu lassen, die Welt der himmlischen, diesigen Herrlichkeit zuzuführen, um der Welt die Gnade der Befriedung und Einbergung zu geben, jene Einlösung, jenen Seufzer und jenes Eingeständnis, jenes Sie werden ihn mit ihren eigenen Augen schauen.
So also wandeln sie durch die Welt und mahlfeiern und freuen sie. So also ist es die emsige Mitarbeit des opus magnum. Das ist das herrliche Opus Dei das überströmende Gnaden und Barmherzigkeiten ist der Einrichtung, der ganz konkreten Barmherzigkeit des ganz konkreten, ach manchmal so geschundenen und verdorbenen und verschreckten und fast schon scheidenden und den Geist aufgebenden Leibes.
Und dann die Herrlichkeit der Erweckung, die Auferstehung von allen.
Dieses Gericht, das seine Tiefen, endlosen Tiefen auslotet und überwächst,
dieses Totenland, in dem plötzlich einer vorbeihuscht, unter die Fittiche nimmt und aufgreift und das Grab öffnet, die Väter herausführt, die Freude einführt
auch in die Stellen der Steine. "

aus "Mein Gang durch die Geschichte. Versuchte Autobiographie"

Samstag, 21. März 2015

Elmar Salmann, Tauchgang "Geburtliches Denken"




Elmar Salmann, Vortrag Tauchgänge "Geburtliches Denken"

Beatified soul, glückendes Leben

"We say that a body can be handled not only because of its resistance, but also on account of its density. But from rarity and density follow weight and lightness, heat and cold, and similar contraries, which are the principles of corruption in elementary bodies. Consequently, a body that can be handled by human touch is naturally corruptible. But if there be a body that resists touch, and yet is not disposed according to the qualities mentioned, which are the proper objects of human touch, such as a heavenly body, then such body cannot be said to be handled. But Christ's body after the Resurrection was truly made up of elements, and had tangible qualities such as the nature of a human body requires, and therefore it could naturally be handled; and if it had nothing beyond the nature of a human body, it would likewise be corruptible. But it had something else which made it incorruptible, and this was not the nature of a heavenly body, as some maintain, and into which we shall make fuller inquiry later (Suppl., Q. 82, A. 1), but it was glory flowing from a beatified soul: because, as Augustine says (Ep. ad Dioscor. cxviii): "God made the soul of such powerful nature, that from its fullest beatitude the fulness of health overflows into the body, that is, the vigor of incorruption." And therefore Gregory says (Hom. in Evang. xxvi): "Christ's body is shown to be of the same nature, but of different glory, after the Resurrection."

Thomas v Aquin, STh iii q. 54, Art.2

Angriff!

"Der gegenwärtige Christ muss ein Christ des vollen Besitzes sein. Wir müssen in jeder Zeit stehen mit dem Bewusstsein, dass jede echte Wirklichkeit uns gehört, vom Herrn und Vater her, als Besitz und Auftrag. In einer Zeit gesteigerten Sinnes für die Wirklichkeit und gesteigerter Lebensfreudigkeit ist vom Christen her gesteigerte christliche Vitalität gefordert. Wenn schon die Erde so begeistern kann, warum sollten da die größeren Kräfte, die uns über jene hinausgegeben sind, uns weniger ergreifen und mitreißen zu letzter Willigkeit? Man muss bei der Begegnung mit uns spüren, dass wir zwar leiden, dass man uns auch einmal unrecht tut, dass wir uns aber weder überflüssig noch unterlegen wissen. Wir sind die Menschen, die die ganze Wirklichkeit bejahen, durch die die erhaltenden Kräfte in die Welt einströmen, und die auch für den Bestand des Ausschnittes, der überbetont wird, unentbehrlich sind. Und man muss auch spüren, dass wir in der Zeit Träger der Verheißungen und der Gnaden sind. Dass es uns gar nicht darauf ankommt, um jeden Preis ein paar Lebenstage länger da zu sein, dass es uns aber wohl darauf ankommt, um jeden Preis so zu sein, wie wir sind. Die Anwandlungen von Müdigkeit und Flucht oder Resignation, die uns manchmal überkommen, sind ein Verkennen der seinsmäßigen Lage und vergessen, dass wir mit dem Herrgott, mit seiner Welt und seinen Gnaden zu tun haben."

Alfred Delp, Christ und Gegenwart,1939

Freitag, 20. März 2015

Halten, Öffnen

"Die Tradition umfasst also zwei Seiten, wobei die eine wie die andere gleichermaßen einen Lebensvorgang darstellt: eine Seite der Entwicklung wie zugleich eine Seite der Bewahrung. Darum kann man sich entweder vor allem deshalb an sie halten, weil man die Reinheit des Offenbarungsschatzes bewahren will, auf die Gefahr hin, die Gegenwart der Zukunft zu verschließen, oder vor allem deshalb, weil man auf der Suche nach der Fülle die Gegenwart der Zukunft öffnen will. Es besteht zwischen der Reinheit und der Fülle eine Art Spannung oder Dialektik, bei der keiner der beiden Pole geopfert werden darf. Man versteht, dass das Lehramt, dessen erste Sendung es ist, einen Schatz zu bewahren und weiterzugeben, mehr mit der Sorge um die Reinheit beschäftigt ist, und man versteht, dass es seine Pflicht ist, das zu sein. Angesichts der Gefährdungen, die die Zeit ihr bereitet, ist die erste Reaktion der Kirche immer eine unwillkürliche Bewegung des Bewahrens. Das ist normal. Aber es gehört auch zu ihrer Sendung, das Evangelium in möglichst gleichstark mitwachsender Ausdehnung in eine Menschheit hinein zu entfalten, die unaufhörlich wächst, nicht alleine nach ihren äußeren und messbaren Dimensionen, sondern nach ihren inneren Dimensionen."

Yves Congar,Tradition und Kirche, 1964

Sonntag, 15. März 2015

Wandlung der Wunden

„Unser Wille und unsere Freiheit sollen sich im Dialog mit Gott und den Nächsten gestalten und reifen; unsere Freiheit kommt nur zur Erfüllung, wenn sie eine freie, schöpferische Antwort auf jene Aufforderung Gottes ist, die vielfältig in den Bedürfnissen und Wunden unserer Nächsten und unserer Welt eingeschrieben ist.“

Tomas Halik, Berühre die Wunden, 140

Wie tragen, Herr, die Wunden der gefallenen Schöpfung, ihre vielfältigen eitrigen Wunden und Siechtümer und zynisch gewordenen Verzweiflungen und Boshaftigkeiten, wie tragen sie zu Deiner Herrlichkeit bei, welche alle Verwundung überwunden und geheilt hat,
oder wie sind sie Anteile und damit Würden an deinem und deines Kreuzes, welches Du als die eitrige Urwunde übernommen und auf sich genommen hast, in die Du eingegangen bist, welche Du dir übergezogen hast und von welcher Du dich voll hast berühren lassen, um einerseits jene Verwundung zu heilen, indem Du sie mit dir ausfüllst und von innen durchleuchtest und um zu sterben und dich ganz zu lassen und zu sehen, dass du auch dann aus dem Nichts erstehen wirst, dass Du auch dann aus den tiefsten Abgründen und Trümmern die herrlichsten und die herrlicheren und weiteren und einbegriffeneren Schöpfungen und Erlösungen und Verherrlichungen zeugen und werden und sein lassen wirst, welchen tatsächlich die Gabe der („endlichen“ oder fleischgewordenen, inkarnierten) Ewigkeit gegebenen ist, in welcher Du dich ganz offenbarst und gibst und zeigst und wirst, du der du aus jener Wunde und Verletzung ihre Überwindung und ihr Getragensein aufzeigst, in welcher sie zur Auferstehung aus dem Grab des Todes wird, zur Ausfahrt, zur Sprengung der Gefangenschaft, zum Aufgang der Heimkehr aus der ewigen Wanderschaft? Wie sind sie Teile und Anteile von Dir?

Indem Du sie uns annehmen läßt. Indem du sie uns gewahren und uns nicht vor ihnen fliehen läßt, indem du uns ihnen konfrontierst und uns in dieser Konfrontation schon und gerade und mit der leibhaftigen Hoffnung deines Evangeliums und der Heilungsmacht deines eingehenden Kreuzes sie uns in die Lösung der Verwandlung, der Vertiefung und der Eröffnung wandelst und transmutierst und -generierst und uns in ihrer Annahme, jenes neue Reich eröffnest, das sich vor keiner Wunde, keiner Lähmung und keinem Fehl und Bruch so sehr in Beschlag nehmen läßt, dass es nicht seine hoffnungsvolle Eröffnung und Verwindung und Verwandlung ersehen und erspüren
und auch real vor sich transgenerieren sehen würde. 


Herr, gewahre und gewähre uns die wunderbare österliche Gnade, die Verwandlung der Annahme der tiefsten Endlichkeiten, Brüche und Verderben der Tiefen deiner Welt so sich in die Öffnung deiner Herrlichkeit einverwandeln zu sehen. Gewähre uns den Anblick deines herrlichen Leibes, der der Leib des Königs und milden All-Herrschers der Welt ist. Gewähre uns den Anblick deiner Barmherzigkeit, die jedem seine Wunde berührt und sie in die Herrlichkeiten und die herrlichen Steine deines ewigen Reiches wandelt.

Dienstag, 3. März 2015

Liebe, Ehe, Bund II

„Aus New York schrieb seinerzeit Antoine de Saint Exupéry in das besetzte Frankreich an Léon Werth, dem er den Kleinen Prinz gewidmet hat: „Ich muss dir helfen dürfen zu leben.“ Lässt sich dichter sagen, was Humanität und Freundschaft bedeutet? Solche Hilfs-Bereitschaft nun schließt sich nicht in einen Egoismus zu zweit ein. Mit Hannah Arendt gesagt: „In der Leidenschaft, mit der die Liebe nur das Wer des Anderen ergreift, geht der weltliche Zwischenraum, durch den wir mit anderen verbunden und zugleich von ihnen getrennt sind, gleichsam in Flammen auf. Was die Liebenden von der Mitwelt trennt, ist, dass sie weltlos sind.“ (Vita activa, Stuttgart 1960, 237). Doch das „Kind, der Liebe ureigenstes Erzeugnis“, bringt ihnen die verbrannte Welt wieder, führt sie in die Welt zurück.“

Jörg Splett, Ehe als Bund, 2015


„Könnt ihr Weltenkinder zeugen?“ 

Eberhard Simons, In einem Gespräch über mich und meinen Freund

Samstag, 28. Februar 2015

Verrücktheit

Für Boris Nemzow 
RIP

"Teuflisch ist, wer das Reich der Lüge aufrichtet und andere Menschen zwingt, in ihm zu leben. (…) Der Teufel ist nicht der Töter, er ist Diabolos, der Verleumder, ist der Gott, in dem die Lüge nicht Feigheit ist, wie im Menschen, sondern Herrschaft. Er verschüttet den letzten Ausweg der Verzweiflung, die Erkenntnis, er stiftet das Reich der Verrücktheit, denn es ist Wahnsinn, sich in der Lüge einzurichten."

Arnold Gehlen

Donnerstag, 26. Februar 2015

"Höherer"/"niederer" Eros: Liebe, Ehe, Bund I

"Der der gemeinen Aphrodite also ist auch in Wahrheit gemein, und bewirkt was sich eben trifft, und dieser ist es nach welchem die schlechten unter den Menschen lieben. Es lieben aber solche zuerst nicht minder Frauen als Jungen; dann, welche sie nun eben lieben, an denen mehr den Leib als die Seele; dann soviel sie immer können die unvernünftigsten, indem sie nur auf die Befriedigung sehn, unbekümmert ob auf schöne Weise oder nicht. Daher ihnen denn begegnet daß sie tun was ihnen eben vorkommt gleichermaßen wie das Gute eben so auch das Gegenteil. Wie denn auch dieser Eros von der Göttin abstammt, welche teils weit jünger ist als die andere, teils auch ihren Ursprung schon beidem weiblichem sowohl als männlichem verdankt. Der der himmlischen aber gehört zuerst einer, welche nicht von weiblichem sondern nur von männlichem abstammt, und dies ist die Liebe der Jungen; dann auch welche älter ist und keinen Anteil irgend hat an Frevel. Daher denn wenden sich zu dem männlichen die von diesem Eros angewehten, indem sie das von Natur stärkere und mehr Vernunft in sich habende lieben. Und es unterscheidet einer wohl leicht auch in der Knabenliebe selbst die ganz rein von diesem Eros getriebenen. Denn sie lieben nicht Kinder, sondern solche die schon anfangen Vernunft zu zeigen. Dies trifft aber nahe zusammen mit dem ersten Bartwuchs. Und die alsdann anfangen zu lieben sind denke ich darauf eingerichtet, für das ganze Leben vereiniget zu sein und es in Gemeinschaft hinzubringen, nicht aber den Jüngling, nachdem sie seinem Unverstand etwas entlockt, hernach zu verlachen und von ihm zu einem anderen zu entlaufen. Es sollte aber auch ein Gesetz sein nicht Kinder zu lieben, damit nicht aufs ungewisse hin so viele Bemühungen verwendet würden. Denn bei den Kindern ist der Ausgang ungewiß, wo es hinaus will, ob zur Schlechtigkeit oder Tugend der Seele und des Leibes. Die Besseren nun setzen sich dieses Gesetz selbst freiwillig, man soll aber auch jene gemeinen Liebhaber hiezu nötigen, wie wir sie auch von edeln Frauen soviel wir nur vermögen abhalten, daß sie sie nicht lieben dürfen. Denn diese sind es welche auch der Sache die Schmach zugefügt haben, daß manche sagen durften, es sei schändlich willfahren den Liebhabern. Dies sagen sie aber nur mit Hinsicht auf diese, weil sie ihre Unzeitigkeit und Unrechtlichkeit sehen. Denn anständig und sittig betrieben kann keine Handlung, welche es auch sei, gerechter Tadel treffen."

Platon, Symposion, 181f.

Dienstag, 24. Februar 2015

Mögliche Hermeneutik des Lebens?

"Im Gebet werden wir uns bewusst, dass diese Welt – eher als der Kant'sche Sternenhimmel über uns und das moralische Gesetz in uns" – jener Acker ist, in dem der Schatz Gottes verborgen ist. Der Acker ist die Welt, sagt Jesus zu seinen Jüngern, als er ihnen das Gleichnis vom Sämann erklärt. ... 
Die Antwort Gottes ist unser eigenes Leben, gelesen jetzt in Ruhe und mit gewissem Abstand, im Licht des Wortes Gottes, vor seinem Gesicht. Ein Text, dessen oftmals verschlungene Chiffren wir mit dem Schlüssel des Evangeliums lesen können (und das Evangelium verstehen wir, wie schon gesagt wurde, immer wieder und immer tiefer durch die eigenen Lebenserfahrungen). Im Gebet und in der Meditation wird das Leben, dieser schnell verlaufende Strom von Erlebnissen, erst in eine Erfahrung verändert; unreflektierte Wortfetzen verändern sich zu einem sinnvollen Text, das zu heiße Eisen unserer Gefühle oder der Verbrennungen unseres Lebens wird auf dem Ambos der Schrift umgeschmiedet. Ja, das Gebet ist eine Schmiede Gottes, es ist nicht nur eine stille Ecke des wonnevollen Schlummerns der edlen Seelen, es geht hier manchmal sehr heiß zu!
Häufig spreche ich vom "Segen des unerhörten Gebets". Erst angesichts einer solchen Erfahrung gerät der Mensch an die wirkliche Schwelle des Glaubens. Wenn der Mensch (oft nur im Verborgenen oder ohne es zuzugeben) Gott bis dato für einen Automaten hielt, der zuverlässig und fehlerfrei seine Bestellungen ausführt, muss er sich jetzt davon überzeugen lassen, dass Gott so nicht funktioniert, dass ein solcher Gott, als zuverlässiges, leistungsstarkes Gerät im Haushalt des Menschen, wirklich nicht existieren kann. Wenn der Mensch einen solchen Gott und eine solche Religion verwirft, dann tut er sehr gut daran. Erst dann nämlich öffnet sich ihm die Chance zu begreifen, dass es im Glauben und im Gebet eher darum geht, dass wir uns bemühen, die Wünsche Gottes zu begreifen. Hier sollen wir Kraft und Weisheit schöpfen und die großzügige Bereitschaft entwickeln, die Wünsche Gottes unseren Wünschen und Forderungen vorziehen zu können. Ein solcher Weg wird jedoch sicher kein breiter Weg für viele sein."

Tomas Halik, Berühre die Wunden. Über Leid, Vertrauen und die Kunst der Verwandlung, 2014, S.132ff

Donnerstag, 19. Februar 2015

An den Grenzen

"Ich kann nur schwer sehen, wie ein Leben, das sich an den genannten Werthaltungen (Altruismus, Redlichkeit, Gerechtigkeit, Solidarität, Vergebung) orientiert, über lange Zeit und unter allen Umständen durchzuhalten sein soll, wenn der absolute Wert der moralischen Norm nicht in metaphysischen Prinzipien oder in einem personalen Gott begründet werden kann. 
Es ist von größter Bedeutung, dass es hier im Bereich der Ethik zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen eine gemeinsame Ebene gibt, damit wir für den Fortschritt der Humanität und in der Förderung der Gerechtigkeit und des Friedens zusammen arbeiten können. Es ist offensichtlich, dass der Appell an die Menschenwürde ein Prinzip darstellt, dass ein gemeinsames Denken und Handeln begründet: den anderen nie als Mittel zum Zweck zu benutzen, seine Unverletzlichkeit unter allen Umständen und immer zu achten, in jeder Person jederzeit ein unverfügbares und unantastbares Wesen zu sehen. Aber auch hier stellt sich an einem bestimmten Punkt die Frage nach der letzten Rechtfertigung dieser Prinzipien. Was begründet dann letztlich die Menschenwürde, wenn nicht die Tatsache, dass jedes menschliche Wesen eine Person ist, die sich auf etwas Höheres und Größeres hin, als sie selbst ist, öffnet? Nur dann ist es nicht möglich, sie mit innerweltlichen Begriffen zu erfassen, nur dann wird ihr die Unverfügbarkeit zugesprochen, die nichts auf der Welt infrage stellen kann. 
Es ist mir ein großes Anliegen, alles  das zu vertiefen, was ein gemeinsames Handeln von Gläubigen und Nichtgläubigen auf der Ebene der Förderung der Person ermöglicht. Aber ich weiß auch, dass dann, wenn über die letzten Prinzipien keine Übereinstimmung besteht, früher oder später, vor allem dann, wenn Grenzfälle und Grenzfragen berührt werden, ganz plötzlich die grundlegenden Differenzen aufbrechen. Die Zusammenarbeit wird so äußerst prekär, und es zeigt sich dann oft, dass zu den wesentlichen Fragen des Lebens und des Sterbens grundsätzliche ethische Urteile aufeinandertreffen.
Was soll man dann tun? In Bescheidenheit und Demut im gemeinsamen Handeln fortfahren, wo Übereinstimmung besteht, und darauf hoffen, dass die tieferliegenden Differenzen und Gegensätze nicht aufbrechen? Oder soll man versuchen, die Gründe, die faktisch zu einer Übereinstimmung in allgemeinen Fragen – zum Beispiel in der Frage der Gerechtigkeit, des Friedens, der Menschenwürde – geführt haben, zu vertiefen, um so zu jenen nicht ausgesprochenen Gründen zu gelangen, die hinter dem alltäglichen Handeln stehen und in denen sich die grundlegende Übereinstimmung dann eben zeigt oder auch nicht zeigt? Oder gibt es auch die Möglichkeit, über Skeptizismen und Agnostizismen hinaus auf ein "Geheimnis" zuzugehen und sich ihm anzuvertrauen, weil es aus solcher Vertrauenshaltung heraus auch möglich wird, ein gemeinsames Handeln für eine menschlichere Welt zu begründen?
Zu dieser bewegenden Frage würde ich gerne ihre Überlegungen hören. Die Diskussion von ethischen Detailfragen führt nun halt einmal immer dazu, dass man sich die grundlegenden Fragen stellen muss. Nach meinem Dafürhalten lohnt es die Mühe, auch solche Fragen zu erörtern, um wenigstens ein wenig mehr Klarheit zu gewinnen, was jeder denkt, und besser zu verstehen,was der andere vertritt."

Carlo Maria Martini an Umberto Eco, Woran glaubt, wer nicht glaubt?, 1996

Mittwoch, 18. Februar 2015

Der liturgische Sinn

Über die heilende Selbstgewährung und Gabe der Welt und Gottes


Die Selbstpräsentation der Welt - Eröffnung der Liturgie
Die Physikalität der Liturgie
Liturgie als liturgeia, Officium sacrum, höchstes öffentliches Amt der Selbstgewärtigung und Heilung der Welt
Exkurs über den spezifischen Eigensinn der eucharistischen Liturgie als des höchsten Amtes der Ereignung, Gründung und des Zusichkommens der Welt und der in ihr sich ereignenden Selbstübergabe Gottes als des Grundverhältnisses der Welt
Exkurs 2: Die Stufen der Ordnung

Exkurs 3: Die liturgische Vollendung und der liturgische Grund der Ökonomie und des Kapitals, Heilsökonomie, Der Wunderbare Tausch


Im Folgenden soll ein wenig dem Sinn und der Bedeutung der Liturgie nachgedacht werden. Es soll „von heute aus“ der Wirklichkeitssinn und -ort von so etwas wie einer liturgischen Handlung aufgezeigt und angefragt werden.

Die folgende Überlegung geht - das kann und muss gleich am Anfang offengelegt werden - vom „katholischen“ Liturgieverständnis aus, bzw. ist in diesem verwurzelt und entwächst diesem. Gleichzeitig will sie sich als eine allgemeine und wirklichkeitsverfassungslogische Untersuchung verstehen, welche nicht „angestammte Traditionsformen“ reflektiert und vielleicht vermitteln will oder gar ein spezifisch Konfessionelles oder Religiöses für allgemeingültig erklären bzw. dem „Allgemeinen“ äußerlich und dann auch verletztend aufprägen will. Der Ort und die Herkunft dieser versuchten kleinen Erörterung ist dann so etwas wie eine allgemeine, wirklichkeitsphilosophische Erwägung über einen möglichen Sinn und/oder Bedarf von so etwas wie Sakralität und Liturgizität, welche offen ist auf bzw. aufnahmefähig für Formen der Vorgabe, welche zwar aus einer bestimmten Konfession abstammen, welche diese aber schon als solche betreibt, dass sie die allgemeingültigen, die wahren und d.h. die Wahrheitsstruktur und -verfassung repräsentierenden bzw. diese gewährenden und anbietenden sind. 

Die Frage nach dem liturgischen Sinn meint dann so etwas wie die Verfassungsfrage, also die Frage nach der Verfassung jener Struktur der Wirklichkeit in welcher die Wirklichkeit als solche ist und repräsentiert ist und/oder in welchem Vollzug sie sich als solche absolute Wirklichkeit selbst und zwar in der ganz konkreten und bestimmten und essentiellen Form ereignet und vollzieht, bzw. in welcher sie als absolute und d.h. ganzheitlich und d.h. heil sein könnende und zwar in der Weise des Seins an sich und d.h. des immerwährenden Seins ist und generiert wird. 

Eine solche Formulierung läßt aber sofort das Problem aufkommen und eminent werden der Möglichkeit der Selbstrepräsentation bzw. der Differenz und Einheit von Selbstgewährung und -vergegenwärtigung (quasi vollkommen immanentistisch-systemischer Art) und der Notwendigkeit der Gabe und Gewährung, der Eröffnung und Herstellung auch noch dieser Selbstgegebenheit und Selbstvergegenwärtigung, welche die Notwendigkeit eines Gebers und Gewährers und Eröffners der Gabe nach sich zieht, welcher das Sich-Selbstgegebenseinkönnen und nicht bloß eine sachliche Faktizität eine objektive Gegebenheit des Getöpferten und Hergestellten gerade gibt. Das Problem taucht nämlich erst in rechter Weise auf, wenn die Gabe eine Gabe der Selbstgegebenheit und der Freiheit ist, welche der Geber als solche gibt und mit welcher Konstellation die Frage nach der Konstellation der Ursprünge der Wirklichkeit erst adäquat ineinsgesetzt ist, ohne dabei eine differenzlose Einerleiheit oder Gleichheit der beiden (Geber und selbstgegebene Gabe) postulieren zu müssen, sondern gerade in dieser Konstellation der selbstgegebenen Selbstgegebenheit und dem Gegebensein des Gebers gerade einer solchen Gabe eine adäquate Verfügtheit des scheinbar an sich unvereinbaren hat, welche ihr gerade einzig entspricht.  Dieser Frage, welche die klassische Frage nach der Autarkie der Immanenz und Welt und der Geschaffenheit und Gegebenheit, zwischen Philosophie und Theologie, diesseitiger Selbstgenügsamkeit und gewährender Transzendenz ist, die Frage nach der Notwendigkeit der Offenbarung und der Physikalität, der Natur und der Übernatur alle diese Fragen, Differenzen und Verhältnisse müssen an dieser Stelle nicht und noch nicht explizit untersucht und bestimmt werden, wenn es erstmal darum geht den Sinn des Liturgischen an sich zu klären und sich ihm beschreibend anzunähern.

Die Selbstpräsentation der Welt - Eröffnung der Liturgie

Die folgende Untersuchung geht davon aus, dass der liturgische Ort der Ort der Selbstpräsentation und -vergegenwärtigung der Welt (bzw. Wirklichkeit) selbst ist. Mit Selbstvergegenwärtigung ist gemeint der Bedarf, die Tatsache und die Vollbringung der Vergegenwärtigung der Wirklichkeit und Welt als solcher und zwar in toto und in concreto. Die Vergegenwärtigung als solche meint wirklich das Vermögen und die Gabe der Komprimierung und der Versammlung der Welt und Wirklichkeit als solcher, die wenn es sie gibt auch als solche vergegenwärtigt werden und sein müssen, damit es sie gibt und damit es sie im wahren und d.h. vollen Sinne gibt. Natürlich kann „die Welt und Wirklichkeit“ auch, und so ist es meistens, als ein kleiner Teilabschnitt, eine kleine vorstellige und vorrätige Menge des Gesamts der Welt gegenwärtig und somit auch in Besitz sein. Sie kann es auch als imaginierte, bzw. ideell gedachte und/oder vorgestellte sein in der Weise, dass wir ja wissen, dass wenn wir auch nicht die Gesamtheit der Welt sehen und vorstellig haben, sie doch ja auch (irgendwo) ist, bzw. wie in einem Teil von ihr sind und sie so als ganze ist, indem sie uns immer überschreitet, aber wir trotzdem auch gerade über die Teilmenge und über die Teilstelle an der wir in der Welt stehen, so auch am ganzen der Welt sind. Und trotzdem bleiben solche Modi der Vergegenwärtigung und Habe und Gabe der Welt unbefriedigend sein. Sei es, weil der Mensch sich dann doch nie mit einem Weniger als Allem zufrieden geben will, sei es weil ihn Ungewissheit ob der Tatsächlichkeit der Gegebenheit und der Dargabe des Ganzen überfallen hat (bzw. ihre Unbefriedigtheit im Modus der infinitesimalen Grenzflüchtigkeit). Der Mensch braucht, will und kann auch das Ganze des Ganzen, die Welt und Wirklichkeit als solche bekommen und d.h. versammeln, bzw. versammelt empfangen. Der liturgische Sinn, bzw. ontologisch-transzendentale und d.h. letztlich eigentlich lebens- und weltlebensmäßige Ort der Liturgie ist gerade der Ort der Vergegenwärtigung und der Möglichkeit der Vergegenwärtigung und Sammlung und Versammlung dieser Gesamtheit zu einem Versammelten als solchen  und der Empfang seiner, indem die Liturgie (und hierfür wieder klassisch-traditionell) gerade der Ort der Erinnerung und der Vergegenwärtigung und der Ereignung der Gabe und Gewährung des Ganzen der Welt als solcher, bzw. seiner Eröffnung in dem Akt der Verwandlung ist, welche klassisch gesprochen in der liturgischen Handlung der Ort der über die Wandlung der Gaben (Dargaben der versammelten Welt) in der Wiederholung und d.h. der anamnetischen Aktualisierung der Worte der Einsetzung gerade das eröffnen und präsentieren und realphysikalisch geben, das der Grund und die Einheit und der Ursprung und die Erfüllung und Vollendung der Welt und Wirlklichkeit ist, ihr Schöpfer und ihr sie in die Gegenwart der Vollendung und Selbstpräsentation setzender Erlöser ist: Der Leib und das Blut und damit die dargebotene und sich darbietende Gegenwart des Ursprung und der Versammlung der Welt ist, welche aufgrund der Tatsächlichkeit ihrer Präsentation und Gabe der Leib und das Blut und die Vergegenwärtigung und Präsentation jenes genannt werden kann, welcher der (in der jüdischen Tradition) versprochene Gesalbte Erlöser ist, welcher die Einheit der Welt mit ihrem Grund und d.h. Schöpfer wiederherstellen und sie präsentieren wird und welcher der Grund, die Eröffnung, die Vollendung und das Ereignis des liturgischen Sinnes der Selbstvergegenwärtigung der Welt und Wirklichkeit, bzw. die Antwort auf ihre Frage und ihren Ausblick ist, die Erfüllung der Frage  und der Bitte und des Gebetes nach der Gabe und der Gewährung des Grundes, der Einheit und der Vollendung, des Aufgangs der Welt als solcher. Er ist es und in ihm ist es und in ihm und aus ihm erfülllt es sich. Das Sichversammeln und eröffnende Fragen und Erbitten der Welt und die Antwort, die Gewähr, die Gabe, welche auch zugleich die Gabe der Selbstgabe ihrer selbst wird, der Erlöser und der Grund, welcher als die vollkommene Welt selbst erscheint. Ohne irgendetwas gleichmachen zu müssen und ohne aus dem einen das andere zu machen. Die Liturgie, in der es sich ereignet, in welcher das Geheimnis geschieht, indem es geschieht und sich ereignet und gegeben wird.
In welcher die Selbstgewährung der Welt und des Gottes und Grundes da ist und angenommen werden kann oder nicht. Die Liturgie welche verwandelt und in die übersinnliche Welt setzt, indem es sie gerade in die sinnliche setzt und so das Kreuz der Eröffnung sein läßt, in welcher der Verkehr und der Tausch eröffnet sind und geschehen. 
Die Liturgie ist also zuallererst der Ort der offenen, bewussten Umversammlung und zunehmenden Sammlung der diversen und divergenten Welt und Weltlichkeit auf die Frage hin und um die Frage her nach der Möglichkeit der Einheit und der einheitlichen Grundes und der Einheit des Grundes der Welt, welche als solche geschichtlich faktisch zum Ort des Entgegenkommens der Antwort und der Gewährung dieses als Selbstmitteilung und -opferung und Darbietung Gottes wird, welcher ja letztlich der eine und gewährende und ermöglichende Grund der Einheit der Unterschiedenheit, der Differenz und der Selbstgegebenheit der Welt ist, der Schöpfer und Geber der Freiheit ist, welcher sich im Akt seiner Verwehrung gibt.

Die Physikalität der Liturgie

Ging es beim vorhergehenden Gedanken darum die Liturgie aus so etwas wie dem Vereinigungstendenzsinn der Wirklichkeit und Welt zu eröffnen und formal- und systemlogisch aufkommen zu lassen, so wäre es angeraten im Nächsten auf dem Elementar- und Materialsinn der Liturgie etwas näher zu verharren. Liturgie ist eine elementarphysikalische Einheit und Gegebenheit. 
Was ist damit gemeint?
Gemeint ist damit, dass die Liturgie und das Liturgische und Sakrale in jedem Augenblick genauso wie sie „aus dem und durch das Geistige“ ermittelt werden können, auch so aus dem Elementaren, Physikalischen und Materialen abzuleiten sind. Ja, dass sie elementarphysikalische, also protophysikalische Vollzüge darstellen und vollziehen oder korrigieren, heilen. 
So ist die Liturgie als Akt und aus dem Akt der Darbringung eruierbar. Ob einheitlich-gemeinschaftlich oder individual erklärt sich das Liturgische aus einer Tatsächlichkeit der Abgabe von Einzelnem, Bestimmten oder Ganzen vermittelt eben über den Akt der Sammlung und Anhäufung oder als unmittelbar personal-individuelle Vorbringung. Das Spezifische dieses an sich schon vor- und ausserliturgisch bekannten Vollzuges und Aktes der Aufopferung und Darbringung im Kontext der Liturgie und des Liturgischen ist die Tatsache der Vorbringung von „ein Nichts“, ein Unsichtbares, „ein voll und ganz Geistiges“, ein Grundsätzliches, das Ursprüngliche, den unsichtbaren, fast nichtigen, vollgeistigen Ursprung und Gewährer oder Erlöser, Befreier und Heiler von allem, welcher dann auch so noch die Mitte und die Vollendung von allem wird und ist, das Spezifische ist letztlich die Darbringen vor und dem unbedingten Hervorbringer und Grund, welcher als der freigebend, gewährende und erlösend-liebende Retter und Schöpfer Vater und als der Geist der Vollendung, der Heilung und der Liebe ist, welchem aus Dank, aus Liebe und aus darbringender Überzeugung gegeben und dargebracht wird und zwar in einem expliziten und sachlichen und d.h bewußten Sinne, welcher eine wirkliche Frei- und Übergabe und Schenkung ermöglicht, welche immer im Konkreten am Eminentesten und Eindeutigsten und Realsten eben werden. Es ist der Akt der konkreten, realen Darbringung und Abgabe (klassisch Opferung), welche aber, wie aus der obigen strukturalen Ableitung ersichtlich, immer primär freigebig sind (als Dank, Liebesgabe und Überzeugung) vor ein noch „nur“ geistig gegenwärtiges und sichtbares (ein Geglaubtes und für wahr und wirklich Gehaltenes Absolutes und personal Reales) und jedenfalls Transzendental Anderes und d.h. einfallendes Transzendentes, ein einragendes Jenseitiges.
Die Liturgie besteht an dieser Stelle aus der bewussten und freiwilligen Darbringung der Welt und jenes Anteils der Welt, welcher für diesen Einheits- und Gegenwärtigkeitsgrund gegeben werden will und gegeben wird.
Die Liturgie ist material. Die Eigenart des katholischen, bzw. des christlichen liturgischen Ritus und Kultus ist, die Tatsache der Wandlung (wiederum über die erinnernd zu vergegenwärtigenden Einsetzungsworte Jesu beim Abschiedspaschamahl) der dargereichten und versammelten irdischen Gaben und d.h. der Welt und Wirklichkeit als dankend, liebend, sehnend-überzeugt Dargebotener in den Leib und das Blut des für den Erlöser der Welt gehaltenen Jesus den Gesalbten von Nazareth, in dessen Blut und Fleisch wir (dann am Kreuz) die erneute Vollvereinigung der Welt mit dem Urgrund und Vater der Welt haben, bzw. dann in den Gaben auch in der Auferstehung seines gekreuzigten und getöteten Leibes gehabt haben und in ihnen dann auch gegenwärtig und dargeboten haben, um sie auch als solche nun selbst und d.h als ewige und heile und unsterbliche dargeboten zu bekommen und tatsächlich empfangen und aufnehmen zu können.
Die Liturgie ist der Ort der elementarmaterialen Vollzüge: Die Überwindung und Heilung und Befriedigung der Sterblichkeit, der Hinfälligkeit und der frustrierten Missmutigkeit und damit Gehässigkeit - die Eröffnung einer neuen Materie und Physik, eines neuen Körpers und Leibes, der uns angeboten wird und den wir aufnehmen können, um selbst in die Eigenschaften des heilen und herrlichen Leibes und Blutes verwandelt zu werden. Und das nicht intellektual-spiritual, sondern physikalisch, materiell, leibhaftig. Liturgie ist der Ort des Werdens und der Gewährung einer neuen, einer geheilten und vollendeten Materialität, der Ort des Werdens des Auferstehungsleibes.

Liturgie als liturgeia, Officium sacrum, höchstes öffentliches Amt der Selbstgewärtigung und Heilung der Welt

Das Juridische und das Personalinnerliche haben, so sie auch Wesenskomponenten sind und an der Liturgie Verträglichkeiten bilden, doch als Antipoden und Dualismen den triadischen Sinn des Liturgischen doch auch eingesperrt, verschlossen und verdunkelt. Er scheint sich in ihnen häufig ganz zu verlieren oder im Kampf beider selbst unterzugehen. Beides jedoch erhellt und wird eigentlich zum jeweiligen Eigen- und Gemeinsinn beider befreit, wenn wieder die Tatsache erinnert wird und aufrechterhalten wird, dass es sich bei der Liturgie klassisch, um den Vollzug und die Vollführung eines und des öffentlichen und des höchsten und d.h. des vollendetsten öffentlichen und politischen (gemeinschaftlichen) Amtes handelte, einer Handlung der Legitimation, des Beisichseins und des Zusichkommens und der Gewährung und Immerwiedergewährung und -schenkung der Welt handelte und handelt. Dass wir dies aber nicht mehr verstehen können, hat einerseits mit dem Schwund der Welt und andererseits mit der Weltflucht der Liturgie zu tun. Welt ist in diesem Fall die Summe und Gesamtheit der Schöpfung. Ihr Vollzug und ihre Handlung ereignet sich nach der christlichen (messianischen) Verwandlung und Eröffnung der Welt, im Akt des Vollzuges der Heilsverwandlung der Welt, welche im und über die Ausführung des Offiziums zunehmend und fortschreitend in ihr Heil ein- und anverwandelt wird und überhaupt als solche, als verwandelte und geheilte und erlöste, selber wird. Gerade die Feier und der Vollzug des Offiziums der verletzten und der (geistig auch) verarmten Welt ist die Gegebenheit ihrer größtmöglichen Verwandlung und Erhellung und Erlösung. So kann mit der göttlichen Logik der Verwandlung unmittelbar über den Wandlungvollzug des öffentlichen Amtes der eucharistischen Liturgie aus dem Nichts alles werden und zwar ein Alles das heil und vollendet und heil ist. In diesem Sinn steht die Stunde der Liturgie noch aus. Genauso wie die Stunde des Werdens, der Gründung der Welt aussteht und an die Tür klopft. So klopffen zwei: Der Messias und die Welt. 
Wo aber oder wer sind wir?

Noch einmal Allgemeinheit und christlich-katholische Liturgie

Es scheint nun wiederholt an der Zeit erneut nach Möglichkeit einer Parallel- und Einheitsrede von allgemeinstruturaler Verfassung der Wirklichkeit und des christlich-katholischen Sakramentalen Ritus der Liturgie der Eucharistie zu fragen. Ist es wirklich möglich hier eine, wenn auch kreuzweise und einheitsdifferente und differenteinheitliche Entität festzustellen und von einer auszugehen, ohne einer der Seiten Unrecht zu tun?
Was die katholische Liturgie betrifft so scheint dies unzweideutig der Fall zu sein. Diese hat sich immer als die Realisation und der Vollzug nicht eines privaten und partikularen Einheits- und Gottesdienstvollzuges verstanden, sondern über die Tatsache der Vollführtng und Weitergabe des Übergebenen der Feier der Vergegenwärtigung des pauschalen Geschehens wie er in Jesus vollendet wurde, die Feier und den Vollzug des Gottesdienstes und d.h. der Liturgie, des alpgemeingültigen allgemeinen Amtes, für alle und der ganzen Welt zu feiern und zwar gerade in der Tatsache der Ermöglichung der Gewährung der vollen Vielfältigkeit und Reichhaltigkeit und trotzdem Gefügtheit (Kosmizität) des Alls des Ganzen der Welt und Wirklichkeit. Eben das war das Definitionskriterium des Katholischen, des Allgemeinen und Allumfassenden. Es sollte der Vollendungs- und Erfüllungsakt der Gewährung, der Heilung und der Darbringung und Einigung (über die Darbringung) der Welt gerade sein. Es sollte gerade immer der Allgemeinheit der Versammlung gerecht werden und dabei nicht die Unterschiedlichkeit und die Vielfältigkeit nichten und einebnen, wie es dies vielleicht ein einfach funktionales Reichsgefüge purer Funktionalität muss. Es tut dies jedoch und aber besonders im Modus der expliziten Feier und des Vollzuges der Annahme dessen, der Welt und des Aktes und der Überlieferung eben als Überliefertes und -gebenes, als Gegebenes überhaupt, als das Gewährte der Heilung (in Jesus Opferhandlung und Auferstehung) und als das Gegebene des Schöpfer Vaters, sowie als das je übersteigende des Heiligenden und wirklich auch leibhaftig verwandeln und heilen könnenden Geistes. Es nimmt also die Gestalt der heilen und d.h. wirklich ganzen und ergänzten Welt an (aus der Summe der weltlichen Darbringenden über die Selbstgabehandlung Jesu).

In diesem Sinn muss es sich noch nicht mit der weltlichen Form der Versammlung widerstreiten. Dieser fehlt überhaupt das Bewusstsein der Notwendigkeit der expliziten Gabe bzw. des Vollzugs und der Feier der Gabe und Gegebenheit der Welt und Wirklichkeit und wenn es sie hat und will, dann kann es sie letztlich nicht vollziehen, ohne dass es in jenem letzten Akt jene paschale und erlösende Struktur und Schöpfungsstruktur der Schöpfung des Freien und Selbstgewährten annimmt und in ihr sich als selbstgegeben und nun vollständig befreit empfängt und ermächtigt. In diesem Sinne strebt die bloß säkulare Welt nach so etwas wie dem christlich-katholischen liturgischen Ritus und diesem und in der Gnade Gottes obliegt es dieser Welt seine Plausibilität und die Erkenntnis aufgängig zu machen, dass sie es ist, die sie sucht. Die Welt erfüllt, vollbringt, feiert und über- und einschreitet sich in der Liturgie der Eucharistie. Sie wird sich selbst gegeben, indem sie sich an und in ihr heilt und heilen kann und indem sie in und an ihr aufgehen kann, Ewigkeit, Auferstehung, weltliche Ewigkeit und und weltliche Auferstehung werden kann, die nur der sich selbst opfernde und gebende Gott in seinen Wunden und in seiner allliebenden Macht gewähren und eröffnen kann. 


Exkurs über den spezifischen Eigensinn der eucharistischen Liturgie als des höchsten Amtes der Ereignung, Gründung und des Zusichkommens der Welt und der in ihr sich ereignenden Selbstübergabe Gottes als des Grundverhältnisses der Welt

Wurde bisher verstärkt der Darbringungs- und materiale, aber auch der allgemein öffentlich-grundpolitische Charakter der liturgischen Handlung an dieser betont, so wird es nun angebracht sein, doch auf jenes zu rekurrieren, das ihr Proprium ist, das jene Dimensionen übersteigt und ihnen, indem es sie überhaupt erbringt und gewährt überhaupt allererst Sinn und auch Realität verschafft. 
Die liturgische Handlung (schon die des jüdischen Gottesdienstes, aber auch des heidnischen Kultes) ist im Wesentlichen dann ein Erinnerungs- und Vergegenwärtigungsakt. Der Sphäre der Materialist wird nicht die Sphäre der Mnemik, des Erinnerungseingedenkens entgegengesetzt, aber entgegenkommend ein- und verfügt. Über der Versammlung, der vereinten Darbringung und dem an einem Ort (dem Altar der Welt) Dargebrachten wird eine hohepriesterliche Handlung der Erinnerung ausgerufen und initiiert (Diese erklärt den möglichen spezifischen und gesonderten Sinn des Priesterlichen. Sein Proprium ist das Erinnerungsmäßige und die größtmögliche Freigestelltheit für und damit das Vermögen der grundsatzlichen Erinnerung, der Er-Innerung und damit Gegenwärtigung jenes jeweils grundlegenden und spezifischen Grundgeschehens, welches die Mitte der liturgischen Handlung bildet, aus welcher dieser ihr eigentlicher Sinn erwachsen und zufließen wird. In der Eucharistie ist dies die beauftragte, erinnerte und vergegenwärtigte Handlung der Selbsthingabe jenes Jesus von Nazareth, der u.a. aufgrund dieser Handlung als der Messias er- und bekannt wird. Die Erinnerung erinnert die ständige Selbsthingabe und -darreichung und wie man klassisch gesagt hat und sagt, Opferung seiner für uns und (damit) für das Heil der Welt. Der Gott und konkret dieser Mensch gibt sich selbst und frei hin für unser Heil. Wie das Heil für uns durch diese Selbsthingabe erwirkt werden mag, das muss an dieser Stelle noch nicht gewußt und fraglich werden. Das Spezifische ist, dass wir die Wirklichkeit und damit Gegenwart der Selbsthingabe konkret und praktisch und tatsächlich haben: Wir haben tatsächlich und augenblicklich „sein Fleisch und sein Blut“ aus unseren Darbringendung durch sein Selbstwort geworden vor und bei uns. Seine Gegenwart. Die Erinnerungshandlung der Einsetzung und des letzten Abendmahls bei welchem die Selbsthingabe Jesu explizit wörtlich geschieht, um dann nachträglich tatsächlich am Kreuz eingelöst zu werden, ist ein Akt der umfassenden Erinnerung, Mnemik und erinnernden Gegenwärtigung, er ist aber ein Akt der physikalischen Gegenwärtigung und zwar durch den Inhalt des Erinnerten selbst: „Dies ist mein Leib und dies ist mein Blut…“. Die Erinnerung beibt nicht „blosse Erinnerung“ oder anders und eigentlicher gesagt, die Erinnerung wird erst Er-Innerung, in dem sie das Erinnerte wirklich und gegenwärtig setzt, indem sie das und in dem Erinnerten materialisiert ist, indem sie Akt der Vergegenwärtigung und nicht einer bloßen mentalen Anwähnung ist.  Dass sie dann noch daneben Gedenkcharakter hat, bzw. dass die volle und wirkliche Er-Innerung auch wirklich aus diesem Gedenkcharakter kommt und in diesem wirklich erst eingelöst ist und werden kann, das muss nicht bestritten, es kann betont werden. Dass wir uns wirklich erinnern, was hier geschieht und geschah und wessen wir uns erinnern: Der Akt der vollfreien und „unnötigen“ Selbstdargabe dieses/jenes bestimmten Menschen in expliziter Absicht und Intention des Selbstopfers für uns, ist der Anfang und das Aufkommen jener sakralen Sphäre des tremenden Heiligen, aus welchem dann auch noch jene sakrale und völlig neue und andere und doch hiesige Physikalität und Materialität der gewandelten Gabe erwächst, um so den Ort und den Sinn des Vollzugs vollends zu etwas Aussergewöhnlichen und Fundamentalen und Perfekten zu machen, in welchem nicht nur die Welt zu sich, sondern der Ursprung und der Grund und der Allheiler der Welt selbst zu und in diese kommt, anwest und da ist.
Die Erinnerungshandlung des grundlegenden Selbstdargabegeschehens wird zur Grundlagener-innerung der Physikalität, zur erinnerten Physikalität und somit zur Eröffnung der Grundlage, der Heilselementarität der Welt. Sie wird zur Gabe der göttlichen und d.h. heilen und geheilten Wirklichkeit und zwar im Modus der geheilten Wirklichkeit und Welt eben, welche der Leib und das Blut des sich selbst opfernden und für uns zurücktretenden Gottes ist.
Aus dieser Darstellung erwächst dann aber auch, warum der Sinn und der spezifische wirklichkeitslogische Ort dieses Geschehens in keiner Weise ein privativer, selektiver, partikularer sein kann. Das Ereignis des Geschehens dessen, was geschieht (die durchaus materiale Selbstdargabe Gottes) ist so groß, fundamental und mächtig, dass sie nicht von einer in welcher Weise auch immer privaten (und d.h. weniger als allgemeinen) Veranstaltung, Unternehmung und Vereinigung bewerkstelligt werden kann ohne größte Gefahren. Der Ort der Wandlung und der Darreichung und des Werdens der dargebrachten irdischen Gaben und d.h. der Welt in den Leib und das Blut des Erlösers und des Anfangs- und Vollendungswortes und -leibes der Welt kann nur der höchste und innerste des höchsten öffentlichen und zentralsten innersten Amtes sein, des Ortes an welchem die Welt sich selbst gegeben wird, indem sie sich als die göttliche gegeben wird und an dem sie sich als solche annimmt, indem sie jene an- und aufnimmt. Die Liturgie ist das Begründungs- und das Wertgenerations- und das Heilungsamt (als Ganzheitlichungsherstellung) der Welt. Es ist der Ereignis als solcher des Himmels. 


Das Spezifische der mnemischen und dann gegenwärtigenden (heilserlösend zeugenden und gezeugten Materialität (ex nihilo oder aus der Seitenwunde und der Selbstdargabe des Lammes) ) Erinnerungshandlung ist also das Vermögen der Erzeugung und der vollsubstanziellen und „beinahe leibhaftigen“ Präsentation der Selbstdarbringungs-imago Christi in und über jenes Handeln und jene Handlung der Einsetzung und des Brechens und Austeilens des Brotes.  Die Imago gibt der bloßen mengenmäßigen, kollektiven und additiven weltversammelnden Darbringung und Versammlung jene Dimension welche aus der Versammlung und Darbringung eine Wieder-Gabe werden läßt, um sie mit der Loslassung und Überlassung an das Nichts der göttlichen Fülle mit und durch diese allvertrauende und sich übergebende Übergabe mit jener Fülle berühren und damit füllen zu lassen, welche sie als die vollerfüllten (i.e. auferständigen) zurückkehren und einstehen, insistieren lässt. Der Gott gibt, wenn man sich ihm vollvertrauend überlässt, die Selbstgabe unendlich erfüllt (und d.h. durch seine Liebe und Potenz erfüllte, geheilte und vollgesegnete) wieder bzw. läßt sie zu einer solchen werden, die weil sie ihn und in ihm ganz berührt und erfüllt worden ist (in der Feuertaufe des Geistes), eine vollständige, wiederhergestellte, eben ewige und d.h. auferständigte und d.h. leibhaftig-material auferständigte ist. Die Imago Christi verschafft und heiligt, eintaucht jene Darbringung und Einheitsverbringung mit jener Fülle der freien Weggabe, welche weil sie eine solche voll ist, zurückkehrt, also angenommen wird und berührt wird und somit eo ipro zurückkehrt und zurückgekehrt ist, weil sie nichts anderes als allgegenwärtige und erfüllte und wiederauferständige sein kann und dann auch tatsächlich als Eucharistische Gegenwärtigkeit und Leibhaftigkeit ist. 

Exkurs 2: Die Stufen der Ordnung
Ein zweiter kurzer Exkurs müsste das Verhältnis und dem Verhältnis des Demokratischen und des Monarchischen oder auch Oligarchischen der Strukturfuge des Liturgischen nachdenken. An dieser Stelle kann nur kurz stichwortartig aus dem Vergegenwärtigten und Dargestellten gesagt werden: 
Das Demokratische (der Allversammlung) erfüllt und ermöglicht sich allererst aus der Selbsthingabe und Darbringung und dem wunderbaren Allgegenwärtigungsdasein des einen monarchischen Grundes, des Königs, Hohepriesters und Lehrers, welcher die Vollendung und Erfüllung des Gesamten ist und zwar in der Weise der gestuften und gefügten Vermittlung über das Wesen der Organisation und der Oligarchie, welche der bloßen Demokratie einen Sinn und eine innere Ordnung gibt, ohne dabei das Unverfügbare der Multizität und Singularität der Ganzheit der Welt durchstreichen zu müssen.

Exkurs 3: 

Die liturgische Vollendung und der liturgische Grund der Ökonomie und des Kapitals, Heilsökonomie, Der Wunderbare Tausch