Freitag, 17. Januar 2014

Des Lebens Weisheit

si placent corpora, deum ex illis lauda et in artificem eorum retorque amorem, ne in his quae tibi placent tu displiceas. si placent animae, in deo amentur, quia et ipsae mutabiles sunt et in illo fixae stabiliuntur: alioquin irent et perirent. in illo ergo amentur, et rape ad eum tecum quas potes et dic eis: `hunc amemus: ipse fecit haec et non est longe. non enim fecit atque abiit, sed ex illo in illo sunt. ecce ubi est, ubi sapit veritas: intimus cordi est, sed cor erravit ab eo. redite, praevaricatores, ad cor et inhaerete illi qui fecit vos. state cum eo et stabitis, requiescite in eo et quieti eritis. quo itis in aspera? quo itis? bonum quod amatis ab illo est: sed quantum est ad illum, bonum est et suave; sed amarum erit iuste, quia iniuste amatur deserto illo quidquid ab illo est. quo vobis adhuc et adhuc ambulare vias difficiles et laboriosas? non est requies ubi quaeratis eam. quaerite quod quaeritis, sed ibi non est ubi quaeritis. beatam vitam quaeritis in regione mortis: non est illic. quomodo enim beata vita, ubi nec vita?

"Wenn irdische Wesen dein Gefallen erregen, so lobe Gott in ihnen und liebe ihren Schöpfer, auf daß du nicht mißfällig werdest in dem, das dir gefällt. Gefallen dir Seelen, so liebe sie in Gott, weil sie selbst wandelbar sind, auf ihn aber sich gründend Bestand gewinnen. Sonst würden sie da hingehen und vergehen. in ihm nur empfinde Liebe zu ihnen und raffe mit dir zu ihm, soviel du vermagst, und sprich zu ihnen: Lasset uns ihn lieben, ihn lasset uns lieben, er selbst schuf ja dies alles und ist nicht fern. Er schuf nicht und ging dann von dannen, nein, aus ihm ist es in ihm. Siehe, wo er ist, da ist die Wahrheit. In des Herzens Tiefen, da wohnet er; aber das Herz, es irrte hinweg von ihm. ihr Übertreter, gehet in euer Herz und hanget an dem, der euch schuf Stehet zu ihm und ihr werdet bestehen, ruhet in ihm und Friede wird mit euch sein. Wo gehet ihr hin in die Finsternisse? Wo gehet ihr hin? Das Gute, das ihr liebt, ist von ihm; aber nur soweit es ihm geweiht ist, ist es gut und angenehm, mit Recht aber wird es bitter, sofern wir es mit Unrecht lieben, was von ihm ist, indem wir seiner dabei vergessen. Was sollen wir auch fort und fort wandeln auf steilem und dornenvollem Pfade? Da ist der Friede gewißlich nicht, wo ihr ihn sucht. Suchet, soviel ihr könnt; aber wo ihr sucht, da ist er nicht. Ihr sucht die Seligkeit auf dem Gefilde des Todes, dort aber ist sie nicht. Wie könnte da seliges Leben sein, wo nicht einmal Leben ist?

et descendit huc ipsa vita nostra, et tulit mortem nostram et occidit eam de abundantia vitae suae, et tonuit, clamans ut redeamus hinc ad eum in illud secretum unde processit ad nos, in ipsum primum virginalem uterum ubi ei nupsit humana creatura, caro mortalis, ne semper mortalis. et inde velut sponsus procedens de thalamo suo exultavit ut gigans ad currendam viam. non enim tardavit, sed cucurrit clamans dictis, factis, morte, vita, descensu, ascensu, clamans ut redeamus ad eum: et discessit ab oculis, ut redeamus ad eum. et discessit ab oculis, ut redeamus ad cor et inveniamus eum. abscessit enim et ecce hic est. noluit nobiscum diu esse et non reliquit nos. illuc enim abscessit unde numquam recessit, quia mundus per eum factus est, et in hoc mundo erat et venit in hunc mundum peccatores salvos facere. cui confitetur anima mea et sanat eam, quoniam peccavit illi. filii hominum, quo usque graves corde? numquid et post descensum vitae non vultis ascendere et vivere? sed quo ascenditis, quando in alto estis et posuistis in caelo os vestrum? descendite, ut ascendatis, et ascendatis ad deum. cecidistis enim ascendendo contra deum.' dic eis ista, ut plorent in convalle plorationis, et sic eos rape tecum ad deum, quia de spiritu eius haec dicis eis, si dicis ardens igne caritatis.


Und er selbst, unser Leben stieg herab und trug unsern Tod und tötete ihn durch die Fülle seines Lebens. Und mit Donnerstimme ruft er uns zu, daß wir von hier zu ihm zurückkehren in jenes geheimnisvolle Heiligtum, aus dem er hervorging zu uns eingehend zuerst in den jungfräulichen Leib, wo sich mit ihm der Mensch, das sterbliche Fleisch, vermählte, auf daß er nicht ewig sterblich bleibe, und von da ging er hervor wie ein Bräutigam aus seiner Kammer und freuet sich wie ein Held zu laufen seinen Weg. Er säumte nicht, sondern rief eilends mit Worten und Taten, mit Tod und Leben, mit Höllenfahrt und Himmelfahrt, ja er rief, daß wir zu ihm zurückkehrten. Er ist unseren Augen entrückt, auf daß wir in uns gingen und ihn fänden. Er ging hinweg, und siehe, hier ist er. Nicht wollte er weilen bei uns lange Zeit, und doch hat er uns nicht verlassen. Er ist dahin gegangen, von wo er nie weggegangen, weil die Welt durch ihn gemacht ist. Er war in dieser Welt und kam in die Welt, die Sünder selig zu machen. Ihm bekennt meine Seele ihre Missetat, und er heilt sie von all ihrer Krankheit; ihr Menschenkinder, wie lange wollt ihr beschwerten Herzens bleiben? Wollt ihr nicht, da das Leben herabstieg, hinaufsteigen? Aber wohin wollt ihr euch noch erheben, da ihr in der Höhe seid und euer Haupt bis an den Himmel erhebet? Steiget herab, auf daß ihr euch erhebet; steiget hinauf zu Gott. Denn gefallen seid ihr, die ihr euch gegen ihn erhobt." Dies verkünde ihnen, damit sie weinen im Tal der Tränen, und so raffe sie mit dir zu Gott hin, denn aus seinem Geiste redest du zu ihnen, wenn du redest entflammt vom Feuer heiliger Liebe."

Augustinus, Bekenntnisse, IV, 12, Übersetzung Otto F. Lachmann, Reclam, Leipzig, 1888

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