Sonntag, 2. Juli 2017

In der Gegenwart der Gegenwart leben

Der folgende Beitrag handelt von der Möglichkeit und der Vorstellung ewigen Lebens. Einerseits ist dieses ein geradezu antimaterielles Konzept herkömmlichen Denkens, andererseits wird es allein im Christlichen (noch) hochgehalten, wenn es sich da auch, so kann man einfach sagen, durchaus als bisher mangeldurchdacht herausstellt. Durch die schlichte Jenseitsverlagerung wird es zum Einfach-anderen, Gegenüberliegenden, so dass, wenn es auch Bedeutung hätte, dieses per se keine Relevanz für das Leben, wie es ist und gelebt wird, hätte.
Alles hängt aber davon ab, ob das Konzept und dann auch nicht nur das Konzept, sondern das Versprechen des Ewigen Lebens etwas ist, das nicht nur lebensbereichernd, sondern auch im höchsten Maße -verwandelnd und eben -heilend und -vollendend ist.
Das Ewige Leben erweist nur dann seine Kraft, Bedeutsamkeit und Wirksamkeit, wenn es in der Lage ist, plausibel so vorgestellt und wirkmächtig gemacht zu werden, dass es das hiesige, das diesige Leben vollendungsmäßig verwandelt und damit zumindest in eine Bewegung des Heils zieht und auf dessen Spur setzt.
Dafür aber muss das ewige Leben, wenn es auch ein "anderer Raum" ist, ein solches sein, das eben nicht schlicht jenseitig, also rein vom Diesseits getrennt, negativ zu diesem ist.
Die Qualität des Denkens des ewigen Lebens ist entscheidend. Dies betrifft auch vor allem die kirchliche (also auch zum Teil berechtigt mythische) Rede davon.
Das herkömmliche, klassische kirchliche Denken hat auch durchaus Ansätze bzw. vollgültige Wirklichkeiten, die aber genau auf jenes hinausgehen, oder von jenem herkommen, was im folgenden als eine Idee des Andenkens des Ewigen Lebens und seines Verfahrens kurz gestreift und aufgeworfen werden soll.

Wir sagen, die Kraft des ewigen Lebens leitet sich von dem ab, inwieweit es das diesige Leben heilsvollendend verwandeln kann und soll. Dies kann es durchaus nur insofern, dass es ein anderes aufstrahlen und anwesen läßt, das ein anderes des Unheilvollen und Verschlossenen ist, dessen Aufhebung und Eröffnung es ist. Anders gesagt, es kann nicht im einfachen Sinne mehr vom Gleichen sein.
Es muss aber andererseits mehr vom Gleichen, und zwar im guten Sinne, mehr vom Gleichen sein. Es muss eben DAS Leben ohne die Hinfälligkeit, die Verkürzung, die Narbe des Fehls und die Gefrorenheit schlechter Erfahrung und Erinnerung sein.
In diesem Sinne muss das Ewige Leben eine noch gesättigtere und vollere und intensiverere Gegenwart und Gegenwärtigkeit sein als die manchmal auch blässliche Gegenwart und Fleischlichkeit des Lebens, wie wir es kennen und Leben. Das Leben und d.h. das immerwährende, ewige Leben müssen ein vollgegenwärtiges und d.h. ein volldiesseitiges, voll leibhaftiges Leben sein. Das ist ein Teil der christlichen Eröffnung, Behauptung und frohen Botschaft, die gebracht wird. Das Ewige Leben ist eben nicht das flüchtige, spirituell-spiritistische, rein und immer jenseitige, dünn- und hochfrequentige Piepsen und Pfeifen, wenn es auch aus dem Summen der emsigen Engelsvölker, den Zikaden des Christlichen, Herkunft haben soll. Das ewige Leben ist eben das vollleibhaftige, das körperliche, das völligkörperliche, so voll körperliche, dass es viel mehr ist als die Körperlichkeit, die wir jetzt so kennen und die vor der Vollendung jenes erschienenen vollkörperlichen Lebens eben als nur hinfällig, schwächlich, eben vergänglich und gebrechlich erscheint und erscheinen muss.

Wir sind nicht getröstet, wenn wir unsere Verstorbenen irgendwo als Anschein, Name und Anwehnung vermerkt wissen einer kaum vorhandenen Jenseitigkeit, die immer ein anderes bleibt und ist. Wir kommen erst zur Versöhnung und zum Trost und zur Möglichkeit des Empfangs des Trostes, wenn wir wissen, dass wir gemeinsam in einem Raum, eben der Kirche, mit jenen Toten sind und leben, die hiesig sind und auch so empfunden werden, wenn sie auch ganz anders  und eben nicht wie Zombies neben uns als fahle Leichen zu sitzen brauchen, genauso wie wir mit jenem hohen Himmel verbunden und zusammen sind, um alle gemeinsam jene Fülle der Ewigkeit zu bilden, um jenen gesättigten und sättigenden und befriedigten und befriedigenden Raum der Kirche zu bilden, der uns in der Gegenwart sein läßt, welcher die Möglichkeit zur Ewigkeit gibt.

Diese Materialität des Ewigen Lebens, wenn auch Bedingung, ist aber nicht hinreichend für das Zustandekommen jener Ewigkeit. Die Gegenwärtigkeit allein reich noch nicht aus, um jene Erfahrung zu bilden, die wir mit der Immerwährendheit und Ewigkeit benennen.

So stellt genau genommen das Bewohnen der Ewigkeit auch eine Beschaffenheit dar, welche genauer und exakt mit der folgenden Formulierung gefasst werden kann und wird:

Die Ewigkeit ist das Leben in der Gegenwart der Gegenwart.

Erst wer aus der Gegenwart die Gegenwärtigkeit dieser Gegenwart selbst betritt und damit zu bewohnen beginnt, betrifft und bewohnt und macht die Erfahrung des Seins und des Aufenthalts in der Ewigkeit und Immerwährendheit.

Erst die Gegenwart der Gegenwart, je nach ihrer Dünnheit und/oder Gesättigtheit geben den Raum und die Breite, die notwendig sind, um jenes und jenen Raum aufzutun, der die Ewigkeit, der der Raum (genauer: Die Raumzeit) der Ewigkeit ist.

In der Gegenwart der Gegenwart wohnend und seiend sind uns die Verstorbenen und die geistigen Wesen der himmlischen Hierarchien gegenwärtig und anwesend. In dieser betreten und eröffnen wir den Raum der Ewigkeit. In dieser befinden wir uns in der Kathedrale der Ewigkeit, in jenem Raum den die Kirche klassisch als Leibhaftigkeit der Vollendung und Erlösung darstellen und eröffnen und zu werden helfen wollte.

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