Donnerstag, 25. April 2013

Eröffnung des Lebens

"Was die Verknüpfung von Kreuz und Auferstehung betrifft, so wurde oft zu sehr das Kreuz hervorgehoben und das Christentum einseitig als Religion des Kreuzes gesichtet. Von diesem Blickwinkel her wurde Nietzsche dazu verführt, das Christentum als Lebensverneinung zu verwerfen und dagegen einen fanatischen Kampf im Namen des Lebens zu eröffnen. Gegen Christus stellt er als Symbol der Lebensbejahung bis zuletzt Dionysios: "Hat man mich verstanden?-Dionysos gegen den Gekreuzigten." (Ecce Homo, S. 387, Kröner, Leipzig 1923)
Darauf das Christentum zu beschränken zu wollen, ist ein ungeheuerliches Missverständnis; diesem leistet Paulus keineswegs Vorschub, wenn er den Korinthern erklärt, er habe unter ihnen kein anderes Wissen zeigen wollen "als das von Jesus Christus, und zwar dem Gekreuzigten" (1 Kor 2,2), weil für ihn das Kreuz selbstverständlich mit der Auferstehung eins ist. In der Tat ist das Kreuz nicht das Letzte, sondern Durchgang zu dem eigentlich Letzten, nämlich zur Auferstehung; erst von dieser her findet jenes seine Erhellung und Rechtfertigung; "musste nicht Christus dies leiden und so in seine Herrlichkeit eingehen?" (Lk 24, 26). Zunächst freilich steht Christi Tod am Kreuz wie ein hoffnungsloses Ende aus; er scheint gescheitert und sein Werk von einer Katastrophe vernichtet. Gerade darin aber geschieht der neue Anfang als unsere Erlösung, ereignet sich das Gelingen ohnegleichen, wird Christi Werk gegründet und gefestigt und kann nicht mehr zu Fall gebracht werden. Dass dies wirklich zutrifft, kommt in der Auferstehung zum Leuchten, die nicht nur das Neue bezeugt, sondern selbst das Neue ist. Demnach besagt das Christentum nicht Lebensverneinung; vielmehr erweist es sich als der großartigste Hymnus auf das Leben, der je angestimmt werden konnte. 
Die nach ihren grundlegenden Wesenszügen verdeutlichte Botschaft von Jesus dem Christus fast Paulus kurz zusammen; Gott hat den Apostel vom Mutterschoße an ausersehen und durch eine Gnade berufen, damit er ihm seinen Sohn offenbare und damit Paulus die frohe Botschaft von seinem Sohne verkündet. Alles kommt also auf die frohe Botschaft vom Sohn Gottes, dem Gekreuzigten und Auferstandenen, an. Gott der Vater will sie auch uns offenbaren; an uns ist es, uns ihr zu öffnen und hinzugeben, sie uns personal anzueignen, indem wir, tiefer geschaut, uns ihr übereignen, damit sie unser Leben forme und dem Bild des Sohnes gleichgestalte (Röm 8,29). (S. 17-19)


"Lapidar stellt diese Zusammenhänge Johannes heraus: "Das Zeugnis besagt: Gott hat uns ewiges Leben gegeben, und dieses Leben ist in seinem Sohne. Wer den Sohn hat, der hat das Leben; werd en Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht." (1 Joh 5, 11f). Christus als das Weizenkorn, das in die Erde fällt und stirbt, bringt viele Frucht, indem es durch seinen Tod das ewige Leben eröffnet, und zwar nicht nach dieser Welt, sondern in dieser Welt. Dadurch, dass Christi Tod die ganze Welt erfasst, stirbt das Alte, kommt zugleich in ihm als dem Lebenskeim das Neue, wird das Übel, dass den Kosmos befallen hat, von Grund auf geheilt. An diesem die weltumspannenden und sie tragenden Vorgang hat der Einzelne insoweit teil, als er Christus hat, nämlich durch den Glauben ganz in ihn eingeht." (S. 34)

Johannes B. Lotz, Kreuz und Auferstehung, 1969

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