Sonntag, 12. Mai 2013

Maria: Die Einbergung des Neuen Seins


für Frau Helga Kallan RIP

Der folgende kleine wunderbare Abschnitt ist dazu angetan, das Geheimnis Mariens und des Werdens der Inkarnation betrachtend zu erleuchten. 
Es ist also einerseits das Bedenken und Betrachten eines der grundlegendsten Verhältnisse und Bewegungen des Werdens der christlichen Religion und der Inkarnation. Er ist aber auch geeignet das Symbolon des Grundes der Hierarchie des Weiblichen in der Kirche zu sein (Und das vor allem heute angesichts der wieder auftauchenden Frage nach der Amtlichkeit der Frau in der und für die Kirche). 
Drittens - "physiologisch-fundamentaltheologisch" - ist "Maria" auch der Inbegriff und die Form, der zu sich selbst gebrachten und beim Namen genannten, also selbsthaften Physis, der Natur und Wirklichkeit. 
In diesem Sinne feiert der Monat Mai diese kosmische Entität, indem er ihr ihren Namen gibt (die Physis zu Ende erkennt und sie als personalisiert erkennt),
um sie zur Bedingung der Möglichkeit des Werdens jenes Neuen Seins zu machen,
das wir alle erwarten und loben und preisen 
und vor dem wir uns heute schon hinknien können. 



                                Sassoferrato, Gebet der Jungfrau Maria

"Wenn Maria das Ja-Wort spricht, ist sie in einem neuen Zustand, der in ihr gewirkt wird, nicht durch sie selbst, sondern durch die Hand Gottes in ihr, durch eben die Hand, die das Mysterium der Inkarnation wirken wird. So ist die Jungfrau nicht in einer Bewegung, sondern in der Ruhe, und doch nicht in Ruhe, sondern in Bewegung, denn sie strebt zu Gott, und dies mit wunderbarer Kraft und Lebendigkeit. Sie befindet sich in einer himmlischen Bewegung, die als solche Ruhe in Gott ist. Dieses Einssein von Ruhe und Bewegung in ihr betrachtend, sage ich, dass sie sich in keiner Tätigkeit, sondern in einem Zustand befindet, denn ihr Beschäftigtsein ist nicht vorübergehend, sondern bleibend. Und doch ist sie in keinem bloßen Zustand, sondern in Tätigkeit, denn was in ihr  vorgeht, ist voller Spannung und dringt bis ins Mark ihrer Seele ein. Sie ist weder in Tätigkeit noch in einem Zustand, sondern in einem neuen Sein; denn was in ihr vorgeht, ist quick wie das Leben selbst, so substantiell und tief innerlich wie das Sein. Sie ist also in einem neuen Sein; in einem Sein aber, das Sein und Nichtsein zugleich in sich birgt. Die Jungfrau ist wie im Nichtsein ihrer selbst, um dem Sein Gottes Raum zu seinem Wirken zu geben. Denn Gott will in ihr sein und hier sein Meisterwerk schaffen. In diesem Sinn ist sie nicht, lebt nicht, wirkt nicht; Gott ist und lebt und wirkt in ihr. Und was mehr ist: er ist, lebt und wirkt, um selber ein neues Sein und Leben anzunehmen und in der Jungfrau etwas zu wirken, was er seit einer Ewigkeit in sich selber birgt: etwas, das den göttlichen Hervorgängen am allernächsten kommt. 
Was aber wird dieses neue Sein sein, das sich einem so erhabenen Werden verdankt? Welches wird die Macht, die Fülle und Wirksamkeit dieses Lebens sein, das würdig mit der heiligen Trinität zusammen wirken soll, um das neue Prinzip des Lebens und der Gnade für die Welt zu bilden? Etwas Größeres und Erhabeneres wird es nach der Trinität im Weltall nicht mehr geben. Vorher war die Jungfrau wie die Morgenröte, jetzt aber erscheint sie mir einer Sonne gleich, soviel Licht strömt aus ihr. Sie ist im Aufgang eines neuen Standes und betritt eine Daseinsweise, die sie über sich selbst erhebt, während sie schon immer über alle anderen erhoben war. Sie ist ein Geschöpf der neuen Welt und sogar deren erstes Geschöpf. Das geschieht im Augenblick, da sie spricht: "Ecce ancilla Domini."

Pierre de Bérulle,Vie de Jesus, 17

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