Donnerstag, 2. Mai 2013

Todessog: Nichts anbeten

"So also hat Gott den Menschen erschaffen und ihn in der Unsterblichkeit belassen wollen. Die Menschen jedoch würdigten den geistigen Verkehr mit Gott wenig, kehrten sich davon ab, erdachten und ersannen sich die Bosheit, wie im ersten Teil ausgeführt wurde, und verfielen dem angedrohten Todesurteil. Jetzt sollten sie auch nicht mehr so bleiben, wie sie geschaffen worden sind, vielmehr sanken sie entsprechend ihrer Denkart immer tiefer, und der Tod wurde ihr Gewaltherr. Denn die Übertretung des Gebotes warf sie auf ihren natürlichen Urstand zurück, so daß sie, wie aus dem Nichts geworden, so auch mit Recht nach Ablauf der Zeit den Verlust ihrer Existenz zu gewärtigen hatten. Denn wenn es in ihrer Natur lag, einmal nicht zu sein, und sie erst durch das Eingreifen und die Menschenliebe des Logos ins Dasein gerufen wurden, so ergab sich als natürliche Folge, daß die Menschen mit dem Verlust ihrer Gottesvorstellung und mit ihrer Abkehr zum Nichtseienden - nichtseiend ist das Böse, seiend das Gute, weil ja vom Seienden Gott ausgegangen - auch ihrer ewigen Existenz verlustig gingen, das heißt aber, daß sie der Auflösung anheimfielen und im Tod und in der Verwesung verblieben. Tatsächlich ist ja der Mensch von Natur aus sterblich, da er aus dem Nichts entstanden ist. Doch dank seiner Ähnlichkeit mit dem Seienden hätte er in dem Falle, daß er sie mit einer richtigen Herzensstellung zu ihm bewahrt hätte, die naturgemäße Auflösung von sich ferngehalten und wäre unverweslich geblieben, wie ja die Weisheit sagt: "Die Beobachtung der Gebote ist die Sicherung der Unverweslichkeit". Wenn aber unverweslich, dann hätte er fortan wie Gott gelebt, wie dies auch irgendwo die göttliche Schrift zum Ausdruck bringt, wenn sie sagt: "Ich habe gesagt: Götter seid ihr und Söhne des Höchsten allzumal. Doch Menschen gleich sterbet ihr dahin und fallet wie einer der Fürsten" (Ps 81)."

Athanasius von Alexandrien, Über die Inkarnation des Logos, 4.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen