Sonntag, 8. Dezember 2013

Das nahe Reich verkündigen


"In jener Zeit zog Jesus durch alle Städte und Dörfer, lehrte in ihren Synagogen, verkündete das Evangelium vom Reich und heilte alle Krankheiten und Leiden.
Als er die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; denn sie waren müde und erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben. Da sagte er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden.
Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen. Er gebot ihnen: Geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe. Heilt Kranke, weckt Tote auf, macht Aussätzige rein, treibt Dämonen aus! Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben."

Matthäus 9,35 – 10,1.6–8

Die Frohe Botschaft des Evangeliums besteht in der Verkündigung des nahen Reiches Gottes, also des Reiches der Erlösung und des Heils. Hier sind die Vollendung und die Behebung aller Gebrechen erreicht. 
Das ist der allererste Aussendungsauftrag Jesu an seine Jünger. Aus ihm und durch ihn speisen sich die Heilsbotschaft und die Heilskraft des Christentums. 
An dieser Stelle kann ausgelassen werden, dass sich für die Christen oder christlich die Verkündigung und Behauptung der Nähe und des Herankommens des Reiches mit der Inkarnation, dem Leben, Sterben, der Auferstehung und Himmelfahrt Jesu beglaubigt und ausweist. Insofern erhält die Evangelium eine christologische nicht nur Dimension sondern Kongruenz. Das Nahen und die Ankunft des Himmelreiches sind gleichbedeutend mit dem Nahen, der Ankunft und dem Lebensvollzug Jesu, welcher also der Schlüssel und das Tor zur aszensorischen und dann auch in- und deszensorischen Verwandlung der Wirklichkeit ist. 

An dieser Stelle würde ich nur die Aufmerksamkeit wieder auf diese Tatsache der „Verkündigung der Nähe und Herankunft des Himmelreichs“ lenken, auf sie sozusagen zoomen und fragen fragen, a. worin sie besteht, die Nähe des Himmelreichs und seine Eröffnung und b. wie adäquat eine gewisse amtliche - und dann auch Volkgottes-Kirche einer solchen Verkündigungsbotschaft und ihrem Geist ist.

Ich möchte dies an dieser Stelle wiederum vor oder in zwei anderen Kontexten situieren und mit diesen in der Anfrage verweben.

Wenn eine Art Kritik (Schiedlichmachung) deutlich sein sollte, dann ist diese, das kann ich hier versichern, wohlwollen und d.h. in einer Absicht der Fruchtbarkeit des Auftrags gemeint.
Diese zwei andere Verwebungskontexte sind:

  1. Die „Wirklichkeitsadäquanz“ der Verkündigung (also inwieweit entspricht und ist die Verkündigung in einer Sprache verfasst, welche aus der Realität und durch die Realität kommt)
und 
  1. in welchem Verhältnis steht sie zum Pontifikat von Papst Franziskus, bzw. welches Verhältnis läßt dieses im Bezug auf die jesuanische Evangelium von der Nähe des Reiches erkennen. 

Meine Thesen sind hierbei folgende und sie seien an den Anfang gestellt:

  1. Es besteht ein grundsätzliches Problem der modernen Verkündigung in Bezug auf die Adäquanz und Kongruenz mit der und zum Verkündigungsauftrag des Reiches, also zum Evangelium. Alle Spaltungen der Kirchen, zumal der westlichen können vor diesem Hintergrund betrachtet werden.

2.1. Der Geist und die Taten (so weit man das bisher erkennen kann) des franziskanischen Pontifikats sind eindeutig jesuanisch und evangelisch (d.h. das nahe Himmelreich verkündigend, und zwar überzeugend im Geist verkündigend). und

2.2. Die Respondanz der Kirchen (und hier vor allem der Amtskirchen) auf dieses Geschehen und diese Gegebenheit ist mäßig bis ernüchternd. Da ich in der deutschen Kirche lebe, werde ich das Augenmerk und meine Bemerkungen auf die dt. Kirche richten. Vorweg möchte ich nochmals darauf hinweisen, dass ich mich nicht in die übliche „Wir sind Kirche“-Klerikalismus und Amtsträger-Prügelei einreihen möchte, wenn auch meine Kritik an mancher Stelle noch radikaler ausfällt. Sie mag aber in ihrer Direktheit etwas von jener Schärfe des Johannes des Täufers haben, dem es darum ging über die Offenlegung und Beleuchtung der Misstände und Missverhältnisse gerade auf die Notwendigkeit und Möglichkeit ihrer Überwindung hinzuweisen. Die Taufe und ihre Wiederholung und Erneuerung sind solche möglichen Akte, die wir ja heute zur Verfügung parat haben. 

Und da möchte ich gleich anfangen. 

Mir scheint, dass die deutsche Amtskirche (und das ist, was wir als erstes öffentlich von der Kirche mitbekommen) sehr große Schwierigkeiten aufweist, dem geistig-geistlichen Impuls von Papst Franziskus nachzukommen und d.h. sich von „seinem“ Geist (welcher ,wie hoffentlich kenntlich gemacht wird, der Heilige Geist ist) anstecken und bewegen und dann auch bestimmen und formen zu lassen. Die deutschen Bischöfe machen in ihren einzelnen und gemeinsamen Auftritten und Erklärungen einen Eindruck von großer Inerz. Diese scheint, so würde mein Beobachtungsbefund fortschreiten, ist nicht primär geistiger Herkunft. Sie ist bedingt durch eine Überbordendheit des Institutionalen und Materialen, des Soliden, welches schwer mit Begeisterungs- und Erneuerungsimpulsen zu beleben und zu bewegen ist.

Dies wäre an sich noch kein eindeutiges Disqualifizierungskriterium. Es könnte Stabilitäten der Strukturen, des Geistes und des Lebens geben, welche ja das Adäquate stabilisieren und stabilisiert haben, so dass es unvernünftig wäre, gerade dieses zu destabilisieren. 

Aber ist dies bei der deutschen Kirche der Fall? 
Ich denke nein. Und hier komme ich zu dem ersten Punkt, um des es hier blitzlichtartig gehen soll: Die Verkündigung des nahen Reiches, das Evangelium in seiner Intensitätsvalenz und -präsenz. Die Geisterfülltheit der Kirche. 

Und mit dieser ist es in der deutschen Kirche, das ist eine Behauptung, die für viele nicht ertragbar sein wird, für andere willkommen, für viele pauschal und für andere unverständlich, mit dieser ist es nicht sehr weit her. (Dieses wiederum ist christlich kein schlechtes Kriterium. Was leer ist kann gefüllt werden. Was arm, reich oder sogar selig gemacht werden. Ja, es kann gerade christlich zum Ort sogar der Gottesgeburt werden!)

Die deutsche Kirche ist nicht nur blockiert, sondern sie ist an die flächendeckende Institutionalität der Verwaltung und der territorialen Flächendeckung verloren und dann entsprechend durch sie und ihre Energizitäten gebunden. Sie ist zu größten Teilen Administrations- und Überwachungs- und Organisationskirche und zu einem geringen Verkündigungs-, Pfingst-Begeisterungs- und Evangelisationskirche. 

Und das ist, zu was sie der Papst aufruft, die Freude, den Geist zu verkündigen, weiterzugeben, wenn man ihn empfangen hat. 

Dafür wird aber erstmal eine einige Zeit währende und tiefe Versenkung in das Wesen des Evangeliums, die konkrete und innerste Überwindung von Tod und den Sieg des Lebens, sowie den Eingang Gottes in die Welt (und dann auch den Beitritt des Menschen in Gott und die göttliche Sphäre). Und dieses ist der Grund der und die Freude. Sie ist die materia prima des Lebens und der Existenz als die sieghafte, todesüberwindliche, inkarnatorisch-aszensorische Fülle, leibhaftige Verklärtheit und Freude. Leibhaftige Verklärtheit meint aber eben das, was sie sagt: LEIBHAFTIGE Verklärtheit. Den vollkommen aufgeklärten und aufgeklarten Leib, welcher in der Heilheit seiner Wieder-Einrichtung und Wiederherstellung gleichbedeutend ist mit der Erwirkung der Freude. 

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