Dienstag, 3. Dezember 2013

Der einmalige und volle Sinn des menschlichen Lebens

„Die Verkündigung des Evangeliums wird eine Grundlage sein, um in diesen Zusammenhängen die Würde des menschlichen Lebens wiederherzustellen, denn Jesus möchte in den Städten Leben in Fülle verbreiten (vgl. Joh 10,10). Der einmalige und volle Sinn des menschlichen Lebens, den das Evangelium aufstellt, ist das beste Heilmittel gegen die Übel der Stadt, auch wenn wir bedenken müssen, dass ein Evangelisierungsprogramm und ein einheitlicher, starrer Evangelisierungsstil für diese Wirklichkeit nicht angemessen sind. Doch das Menschliche bis zum Grunde zu leben und als ein Ferment des Zeugnisses ins Innerste der Herausforderungen einzudringen, in jeder beliebigen Kultur, in jeder beliebigen Stadt, lässt den Christen besser werden und befruchtet die Stadt.“
Papst Franziskus, Evangelii Gaudium 75
Was ist „der einmalige und volle Sinn des menschlichen Lebens“? Was könnte er christlich aus dem Kontext und von der Warte des spätmodern-postmodernen, aufgeklärt-globalisierten Lebens sein?

Denn dies ist der Zielpunkt und -fokus, der Brennpunkt, um den es geht, wenn das Christliche dem nachchristlichen Leben wieder aufgängig und sinnhaft sein und werden soll. 

Ich denke, dass es für eine solche Entwicklung und mögliche Begegnung wichtig ist, dass die Vermittlung des Christlichen nicht rein äußerlich, heterodox auf „das Leben“ zukommt. Vielmehr sollte sie aus der Mitte der eigenen Selbstaufstellung und -verständigung des angeblich achristlichen oder christentumsindifferenten Lebens erstehen, als gerade die Überwindung und Lösung und als die Heilungsantwort der problematischen Paradoxien und Unzulänglichkeiten des gelebten Lebens und als realkonkrete Alternative und Repräsentation eines heilen und gelingenden Lebensgesamts und Lebensgesamtsbildes, welches als die eigene Vollendungs- und Erfüllungsmöglichkeit erkannt und dann erstrebt wird. 
Dieses Alternativenangebot müsste dann auch noch dazu ein solches sein, welches die bekehrungsmäßigen, die metanoietischen Spannungen und Verhältnisse auf eine „milde“ Weise möglich macht. Das Kriterium für Milde ist in diesem Fall jenes, das jegliche Förderung und Unterstützung aufbietet, sobald ein Eingeständnis der eigenen Widersprüchlichkeit und Hinfälligkeit angefangen wird, um sofort auf die unterstützenden Kräfte der Ermutigung, des Antriebs zur Überwindung und auf die hoffnungsvolle Zusicherung der Möglichkeit zu setzen, ja sogar mit der gesamten Vergebung aufzufahren und einen Raum damit zu eröffnen, der an Strahlkraft jegliche vernunftsmäßige Eingeständigung und Korrekturabsicht übersteigt und auf wunderbare Weise komplettiert, um so eine wundersame Verwandlung, Eröffnung und Heilung möglich zu machen. 
Inwieweit kann aber das Christentum dem heutigen Leben und Lebensverständnis, welches ja geradezu als das Leben und Lebensverständnis der einzigartigen Überzeugtheit von der Einmaligkeit des eigenen Lebens und der Behauptung und Beteuerung der Einzigartigkeit des allgemeinen Lebens zu definieren ist, geben und hinzufügen?
Was kann es ihm geben, was es also nicht eh schon hat?
Man könnte hier nun auseinanderlegen, inwiefern ja gerade das heutige Lebensverständnis das in der Tat christliche ist auf eine Weise, dass es einzig diese seine Christlichkeit und christliche Herkunft bestreitet, negiert und auch gleichgültig ignoriert, um so sogar das a-christliche (oder auch anti-christliche angeblich) zu werden. Man könnte hier viel, müssig und klug auseinanderlegen, aber das würde an dieser Stelle keinen Sinn machen, wo es darum geht, dem Leben, wie es ist, in dem Verständnis in dem es ist, unmittelbar, das aufgängig zu machen, was sein soll. 
Insofern muß und kann man allein sagen, dass das Christliche ja gerade jenes ist, das die Thematisierung und die Aktualisierung, die Verwirklichung jener Einzigkeit als solcher ist. Der Christ und Christus sind ja jene, welche explizit das sind, was sie sind. Das zeichnet sie aus und das bestimmt sie. Sie sind das und diejenigen, die sie sind. Als solche sind sie in der vollen und völligen Wirklichkeit. Das meint die Rede von der Ewigkeit. Hier wird dann auch offenkundig, inwiefern der Christ im anfangenden Stadium der Eröffnung dieser Ewigkeit und keineswegs in seiner Vollendung ist. Christus aber, so könnte man sagen, ist jener, welcher die Vollendungsgestalt schon vorweggenommen (und uns zur Verständigung und zur Wiederholung überlassen hat, so dass wir in die gleiche Fülle gehoben werden und erwachsen, um dann gemeinsam mit ihm „das Reich der Himmel“ mit „dem himmlischen Vater“ im „Heiligen Geist“ zu beleben.)
Die Einzigkeit des Christentums und das Einzigartige des Christlichen ist dann dasjenige, das die Selbstverständlichkeit vollendet, indem es die Selbstverständlichkeit selbstverständlich macht. Es vollendet in dieser Weise die Natur und führt eine Ordnung der Gnade ein, nicht in dem es etwas schein-heteronomes hinzufügt, sondern indem es das eröffnet und stehen läßt, was ist und zwar in der Ganzheit und Vollendetheit. Der wirkliche Vollzug der Wiederholung desjenigen das ist, der Natur, ist aber kein einfach wiederholender und als solcher bloß analytisch-repetitiver Vollzug, welcher letztlich nichts vollzieht, sondern nur das,was ist in der gleichen Plumpheit da sein läßt, ohne etwas und eine ganze neue Welt an dem und in dem selben zu eröffnen, das nun in Gänze als es selbst da ist und sein kann, was nur möglich ist, wenn aus ihm und an ihm und d.h. in wirklicher und echter Transzendenz eine Welt eröffnet ist, die das Selbst um das Unendlichfache überschreitet oder unterschreitet und so es geborgen, gewollt und hervorgebracht sein läßt, aus der freien Gewähr des Selbst, das als das ganz andere oder als das inkarnierte Nicht-andere es sein läßt und zugleich erwirkt und d.h. in der Liebe, der schöpferischen Liebe sein läßt.
Das christliche Leben fügt der Einzigkeit des Lebens, könnte man sagen, nichts hinzu ausser es selbst. Es eröffnet gerade diese vorhanden-nichtvorhandene, die geheimnishaft-sakramentale Wirklichkeit des Selbst als solchen, welche damit als das gänzlich mysteriöse auch das gerade in dem gänzlich wollenden und liebenden und bergenden das gänzlich andere ist und sein muss, wenn nicht eine solipsistische Einsamkeit und Selbstungeschiedenheit sein soll, welche das absolute Unheil, gerade der Selbst- und Weltlosigkeit und erst dann der „Transzendenz- und Überstiegslosigkeit“ wäre. 
Das Christliche ist die Ermöglichung der Einzigkeit des Lebens. Es ist der „übernatürliche“ Raum des Natürlichen, welcher der Raum der Wirklichmachung und Ermöglichung und der Transformation und Formation des Seins und Daseins und des Lebens ist. Er ist die Vollendung der Welt. Und als solcher ist er die Eröffnung der Ewigen Welt, der Ewigkeit..in der Bestimmtheit und Jeweiligkeit der Diesigkeit und des diesen Lebens. 


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