"Nachdem der Stammvater des Menschengeschlechtes infolge seiner Schuld aus dem Paradies der Wonne verstoßen war, kam er in dies Elend der Blindheit und Verbannung, das wir erdulden müssen; denn durch die Sünde kam er ganz von sich selbst und konnte die Freuden des himmlischen Vaterlandes, die er vordem geschaut, nun nicht mehr sehen. Der Mensch war nämlich im Paradiese gewohnt, Gottes Wort zu lauschen und reinen Herzens in erhabenen Gesichten mit den heiligen Engeln zu verkehren. Als er aber in dieses Elend herabsank, entfernte er sich auch von dem Lichte der Seele, das ihn bisher erfüllt hatte. Wir, die wir aus seinem Heische in der Finsternis dieser Verbannung geboren sind, haben davon gehört, daß es ein himmlisches Vaterland gibt, haben gehört, daß die Engel Gottes seine Bürger sind; wir haben gehört, daß die Genossen dieser Engel die Seelen der Gerechten und Vollkommenen sind. Die fleischlichen Menschen aber, die diese unsichtbare Welt nicht aus Erfahrung kennen, zweifeln, ob das auch wirklich existiere, was sie mit ihren leiblichen Augen nicht sehen können. Dieser Zweifel konnte bei unserem Stammvater nicht vorhanden sein, weil er nach seiner Vertreibung aus dem Paradiese die verlorene Seligkeit im Gedächtnis behielt, da er sie ja geschaut hatte. Jene aber können sie sich, wenn sie davon hören, nicht vorstellen und sich nicht daran erinnern, weil sie nicht wie Adam wenigstens in der Vergangenheit die Seligkeit gekostet haben."
Gregor der Große, Dialogi, 4,1
Mittwoch, 17. Oktober 2012
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