Donnerstag, 6. Mai 2010

SACRIFICIUM MUNDI

Über die Welt-Wirkungsweise und Logik des Opfers


In der Logik und der Tätigkeit des „Opfers“ finden wir eine eigenartige und unseren Augen in größten Teilen verborgene, vielleicht aber wesentliche und lebensinitiatisch-mysteriöse Wirkweise und Mechanik der Wirklichkeitsereignung und des Wirklichkeitsvollzuges.

Die Logik und Tat des Opfers verläuft auf eine eigenartige Weise der Weise des tätigen Tuns und Gestaltens, des Machens, Konstruierens und Verfügens konträr oder ihr parallel. Gleichzeitig hat die Logik und die Wirkung des Opfers, auch wenn sie etwas von einer passiven Ausgeliefertheit und Auslieferung hat, einer Übermächtigung an dunkle, apersonale und überpersonale Mächte und als solche dem Primat der Selbstbestimmung zuwiderläuft, etwas, was jener Passivität streng fremd ist, was sie von ihr krass abhebt und abschneidet.

Die Logik des Opfers ist eine eigene.

Dem Opfer ist ein Eingehen eigen, welches im Eingehen und Durchstreichen aber, auf dem Wege einer Transformation und Mittelung, ein Aufgehen zeugt, um auf dem gleichen Wege das Herkommende und das Folgende wie das Medium zu transformieren und aus einer Verminderung eine allgemeine, summatische, ontologische Steigerung zu erwirken, welche einzig- und eigenartig ist.

Ein und das exeplarische Bild und Gesamtbild des „Opfers“ ist die Opfer- und Opferungsgeschichte des Jesus von Nazareth, des Christus und Messias. Er ist der Messias weil er, könnte man und muß man in Resonanz zu den verschiedenen Eröffungsmotiven und -aspekten seiner Tat sagen, das Opfer und die Opferlogik in die Wirklichkeit und die Eröffnung der Wirklichkeit so einführt, daß er damit Wirklichkeit eröffnet und einführt und somit die Handlung des Opfers kategorisch begründet und eröffnet.

Diese Kriterien sind z.B. beim dionysischen Opfer, dem orphischen Opfer, sie sind noch nicht beim kultischen jüdischen Opfer gegeben und d.h. in der Gesamtheit der Aspekte der Opferlogik entborgen, präsent und damit wirksam, wenn sie auch Aspekte und als Aspekte in jener paradigmatischen Handlung des Opfers aufgehoben und platziert verschränkt sind.

Das Opfer- und Selbstopferwesen an und bei der evangelischen Jesusgeschichte bildet das eigentliche Ärgernis und das Vor-den-Kopf-Stoßen des Rabbi Jesus bei seinen Jüngern. Diese und der Weigerung dieser, diese Forderung und Konsequenz und dieses Eingehen Jesus zu akzeptieren, antwortet Jesus der Messias in der völligen Apodiktizität: Das Übergeben Jesu an die Welt muß geschehen!

Ihr Ausbleiben und den Versuch seiner Verhinderung nennt Jesus die letzte satanische Versuchung. Der Satan versucht gerade diese Tat, welche die Tat der Eröffnung und damit der Begründung und d.h. der Schöpfung der Welt sein wird, ihr Offenbarwerden zu verhindern! („Seit der Zeit fing Jesus Christus an und zeigte seinen Jüngern, wie er müßte hin nach Jerusalem gehen und viel leiden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tage auferstehen. Und Petrus nahm ihn zu sich, fuhr ihn an und sprach: Herr, das verhüte Gott! Das widerfahre dir nur nicht! Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Hebe dich, Satan, von mir! Du bist mir ein Ärgernis; denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.“ Matthäus 16,21ff.)

Von der anderen Seite her scheint ebenfalls alles systemisch darauf angelegt zu sein, daß diese Handlung bzw. die Opferung stattfindet.

Sowohl die gesetzes-jüdische Seite verlangt ein Opfer: „Besser ist, dass ein Mensch für das Volk stirbt, als dass das ganze Volk zu Grunde geht.“ (Joh. 11, 49ff.) und aus der Logik des stammesgeschichtlich-gesetzlich terminierten und determinierten Systems ist dieser Schluß auch völlig konsequent, einleuchtend und stimmig, als auch die imperial-administrativ-universalistisch-heidnische Herschaftsvertretung erliegt der wenn auch anonymen, unbewußten und fremdgesteuerten Dynamik des Opferungsgeschehens. Der Stellvertreter dieses anonym-neutralistisch-staatsimperialistischen Systems Pontius Pilatus opfert Jesus, den Menschen („Ecce homo.“), im und während der Reinwaschung („Ich wasche meine Hände in Unschuld.“), entgegen der prophetisch-dringlichen Warnung seiner Frau und aufgrund eines legitimistischen Ungrundes an die ethnischen Belange im Konkreten des politischen Handelns (Matthäus 27, 24ff), so daß aus der Summation dieser offensichtlichen Tragik und dieses systemischen Mißverstehens (Beide entgegengesetzte Vermeintlichkeiten hätten sie in ihrer Antagonizität aufheben können und müssen!) die kathartische, eröffnende und reinigende Notwendigkeit des Opfers fast augenscheinlich und evident und in ihrer „Systemnotwendigkeit“ ersichtlich wird.

Die Opferlogik ist die Logik der Eröffnung, Verwandlung und Fundierung von Wirklichkeit unter Gesamtheitsaspekten und unter der Gewähr ihrer „systemischen“, „ontologischen“ und kreationalen Selbstverständlichkeit und Fruchtbarkeit.

Opfer ist die Weise des Eingangs zum Zweck des Aufgangs. Opfer ist Eröffnung aus Rückgang. Opferungsrekursivität das Produktivitäts- und das Heilungs- und Erlösungsgeschehen. Erlösungs-, Heilungs- und Produktivitätsgeschehen als Schöpfungsgeschehen. Schöpfung gleich rekursivem Opfer.

Opfer und Opferung behält also nur solange etwas Unmögliches und Anstößiges, solange der Zauber der Opferungslosigkeit und -weigerung nicht gebrochen ist, welcher sich aber im performativen Akt ihrer Vollendung zum Sieges- und Erlösungs-/Öffnungszeichen als Auferstehung und damit zur Wiedergewinnung und zum Erweis ewigen Lebens zu etwas Positivem, Schöpferischen selbst eröffnet und verwandelt und zum Moment der schöpferischen Mechanik des ewigen Lebens wandelnd eröffnend ausweist.

Mit diesem Schritt aber eröffnet er einen Blick in die Bildungs-, Bindungs- und Er-scheinungs(Glorie!)-weise der neuen Welt und Logik, in welcher und in welchen das „Opferungs-moment“ jene herausragende, konstitutive und produktiv-schöpfersiche Bedeutung bekommt und sich als deren Eröffnung ausweist.

Opferung wird hier zur Mechanik einer völlig aufgängigen, d.h. produktiven und schöpferischen, freien und freiständigen, inständigen und inständig wachsenden und zu sich kommenden Unendlichkeitswelt.

Wenn hier von „Mechanik“ gesprochen wird und von „Opfer“ und von „Systemgesamt“ dann wird an diesen und nur an und aus diesem vollkommenen und ersten und paradigmatischen Zeichen des Opfers (welcher geschichtlich in den Evangelien überliefert ist und wird und im Handel der Kirche, seiner Überlieferungs- und d.h. Erinnerungs- und Tradierungs- (Weitertragungs-)-Einrichtung, real vollzogen und weitergetragen wird und d.h. „heilig“ geschieht) offensichtlich, wie dieses „Opfer“ kein blindes, bedingtes, apersonal-anonymes, systemisch-vernichtendes sein kann, wie die „Mechanik“ keine maschinell-technisch-juridisch verkürzte Mechanik sein kann, sondern eine mehr wie geistige, eine welt- und wirklichkeit und selbst-zeugende und -setzende und -schaffende, eine Weltbildungsmechanik sein muß (als solche personal-lebendig), wie das „System“ von dem hier die Rede ist, dann auch auch der Zusammenhang des Zusammenhangslosen sein muß in einem völligen Schluß und Zusammenhang, welcher als solcher ein Zusammenhang dann ist einer lebendigen und gnadenhaften und selbsterträglichen und selbst-verwandelnden Selbstdarreichung und Selbstgewährung, das System der Ereignung des allverwaltenden und alles aufhebenden und schöpferischen und schöpferisch anverwandelnden Lebens.

Opferung in diesem Sinne und in diesem exemplarischen Fall und damit erweist sie sich nicht als Opferung des Menschen sondern als Opferung Gottes an uns!, ist und bedeutet die Eröffnung und die Verwandlung dieser drei Begriffe auf diese ihre eröffnete und zu sich gebrachte und konzise Verständigung, sie bedeutet als solche die Hervorbringung und damit die Tat und die Logik und die Weise der Hervorbringung von „Opfer“, „Mechanik“, „System“. Sie bedeutet die Hervorbringung von Wirklichkeit. Ex nihilo.

Und als Einsetzungsgehorsam und Inthronisierungsritual und -gnade des MENSCHEN.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen